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Trayodashi

Der Dreizehnte. Trayodashi. Klingt in meinen Ohren immer noch wie polnisch. Jetzt aber richtig: trzynaście (dreizehn) oder trzynastka (die Dreizehn). Ist trotzdem Sanskrit. Der dreizehnte Tag von Shukla Paksha, von der zunehmenden Mondphase. Kein Feiertag, jedenfalls kein richtiger, aber auch kein richtiger Arbeitstag. Die Straßen sind noch geräuscharm und die Luft am Morgen frisch. Fast fröstelt mich! Mein Gewährsmann S. vertröstet mich auf Freitag. Wir müssen die restlichen Pakete bei der Post abholen, aber: govt officers come back to work on Friday after holiday. Derweil laufe ich hier um die Ecke und kaufe 100 tiefgefrorene Momos. Nach den Feiertagen ist vor den Feiertagen. Sales from the shutter in our Panipokhari Outlet - als ich das entdeckte, war es bereits zu spät und der shutter (Rollladen) über Tage pulled down (geschlossen). 50 veg + 50 chicken. Damit es nicht zu eintönig wird und kleinere Packungen gibt es nicht. Jetzt darf nur der Strom nicht mehr allzu oft oder allzu la

Dwadashi

Heute ist der zwölfte Tag. Auch wenn ich es nicht verstehe. Und immer noch Feiertag, himmlische Ruhe! Es ist der zwölfte Tag nach Neumond, jedenfalls in Nepal. Und es ist der 28. Tag nach unserer Abreise aus Europa. Also genau zwei 14-Tagestranchen. Irgendwie ist das schon richtig so. Ich schlafe viel, weil erst jetzt die Erschöpfung der letzten Monate ihr Recht fordert. Es wird früh dunkel, also lege ich mich früh ins Bett und stehe früh auf, laufe schnurstraks in den Wald, steige auf den Berg und gucke in den Himmel. Dwadashi erinnert mich an polnisch dwadzieścia - was aber zwanzig und nicht zwölf bedeutet. Dwadashi kommt wie fast alles hier aus dem Sanskrit und bezeichnet richtig den 12. Tag jeder Mondphase, also der Shukla Paksha und der Krishna Paksha. Das wissen wir schon. Seit gestern! Im Wald läuft ein ausgewachsener Affe herum. Vielleicht auch mehrere, aber bisher kam mir nur einer entgegen. Und der umarmte dann lachend einen uralten Baum.

Papankusha Ekadashi Brat

Der elfte Tag des vierzehntägigen hinduistischen Festtagsmarathons. Und warum nicht der zwölfte?  In meinem Kalender viele unverständliche Wörter. Papangkusha Ekadashi Brat, Annapurna Yatra, Asan. Chain. In der Früh zerdeppere ich ein Teeglas. Noch ohne Tee. Fege es mit einer unachtsamen Bewegung von der Anrichte. Kürzlich fiel mir ein Espressotassenuntertellerchen aus der Hand. Scherben dieser Art sind - im Gegensatz zu den verletzungssicher verpackten und verklebten Überresten deutschen Zollkontrollen - eine mittlere Katastrophe, da ich nicht weiß, wie sie zusammenfegen. Einen Staubsauger, den ich in meinem früheren Leben seufzend am Sonntagmorgen zur Hand genommen hätte, gibt es hier nicht. Und mit dem Besen, den meine cleaningladies mit bewundernswerter verve benützen, kann ich nicht umgehen. Nur gut, dass ich gerade allein auf bloßen Füßen durch die Wohnung tigere. Das Glas war eh überflüssig und das weiße Tellerchen, nun ja, passte auch nicht so richtig. Ich hatte zwei typisch br

Dashain ko Tika

Bild
Ich versuche zu verstehen, was ich sehe, was ich höre, was ich lese. Ungefähr in dieser Reihenfolge. Heute geradezu gespenstische Ruhe und ein Leuchten überall! Es ist unglaublich, wie viel Schönheit hier an den unerwartetsten (kein schöner Superlativ, das gebe ich zu - aber so ist die deutsche Sprache) Orten und in den unerwartetsten (dito) Momenten in Erscheinung tritt. Sich manifestiert. Ohne Scham und ohne Kult. Einfach so. Voller Würde. Kürzlich trat meine Nachbarin auf dem 10. Stock aus der Tür und ich war sprachlos in meinem T-Shirt und einer ausgleierten Hose. So geblendet und verdattert, dass ich kein Wort herausbrachte. Ich hatte schon ihren Sohn oder Mann im Aufzug gesehen, der war wie alle und überall, in Eile und jeansblau. Aber die Frau! In meinem Kalender Bijayadashami (oder: Vijaya Dashami), Dashain ko Tika 2081, Devi Bisarjan. Die TKP (The Kathmandu Post) berichtet: "the Nepal Panchanga Nirnayak Bikas Samiti has declared 11:36 am as the ideal time for receiving ti

Maha Astami und Mahanawami

Die Kathmandu Post klärt mich auf: heute feiern die Hindus im ganzen Land den achten und neunten Tag des Bada Dashain Festivals. Ich konnte die halbe Nacht nicht schlafen, weil ich Tage, Namen und Daten durcheinander brachte und immer wieder in Gedanken zum Neumond zurückkehrte und von vorne anfing zu zählen. Dass die Nepali nicht gut kopfrechnen können, ist uns schon aufgefallen. Dass alles vom Mond abhängt, auch. Den sehe ich nun schon bei Sonnenuntergang vor dem Fenster von links nach rechts wandern. Heute genau in der Hälfte durchgeschnitten. Die Nächte sind mittlerweile angenehm kühl und hoch im Zenit steht ein einziger Stern. Geweckt werde ich pünktlich von gurrenden Tauben. Riesige Raubvögel kreisen lautlos, aber erst im Laufe des Vormittags. Das ist der Vorteil eines 10. Stockwerks: wir können auf die Vögel hinunterblicken. Allmählich gewöhne ich mich an den Schwindel über dem alles verzehrenden Schlund. Mein Nepali Calendar for Phone sagt mir an: Maha Astami, Kaal Ratri und Ma

Phulpati

Mein Kalender sagt: Phulpati, Nawapatrika Prabesh. Der siebente und zweitwichtigste Tag von Dashain. Nun nimmt das Festival spirituelle Fahrt auf und das öffentliche Leben kommt (fast ganz) zum Erliegen. Das Wort des Tages besteht aus der Blume ( phūl ) und dem Blatt ( pātī ). Gestern sah ich einen kleinen, dürren Mann mit riesigen Bananenbaumblättern, sie überragten ihn um mindestens das Doppelte, die er freudestrahlend vor sich her trug. Heute früh wird noch einmal der Müll eingesammelt. Im Ranibari Forest, im Porpa Ajima Tempel ist viel los. Man huldigt der Göttin Durga sowie ihrer achten Inkarnation, der Göttin Kalratri, die als Symbol der Macht gilt. Sie wird, davon sind alle hier im Wald mitten in Kathmandu überzeugt, die Welt aus der Finsternis ins Licht führen, Frieden und Wohlstand bringen.  Auf dem Heimweg nehme ich mir ein paar Rankeblumen vom Wegesrand mit. Kaum biege ich von einer Hauptstraße ab, fühle ich mich wie auf dem Dorf. Und da ist alles erlaubt.

Dunkelheiten

Mitten in der Nacht wache ich auf und sehe zum ersten Mal zu meinen Füßen eine dunkle Stadt. Endlich, denke ich, schlafen auch die Nepali. Aber natürlich irre ich. Die Aircondition über meinem Bett piepst und brummt kurz, ehe sie sich wieder zur Ruhe begibt. Dies ist das akustische Zeichen in meinem Zimmer, dass der Strom weg war und gerade wieder gekommen ist. Unter mir gehen wie auf Knopfdruck alle bunten Lichter wieder an. Ohne Strom können wir nicht kochen, obwohl die Küche mit Gasherd ausgestattet ist. Aber der Zünder für die Flamme funktioniert nur elektrisch. Da hilft kein Streichholz, auch für die Mikrowelle nicht. Aber wir können warm duschen. Der mit Gas betriebene Durchlauferhitzer zündet dank zwei dicker altmodischer Batterien. Wir haben 4 Zimmer und 1 Küche, 3 Bäder, 3 Balkone. 4 Gasflaschen stehen rund um die Wohnung verteilt vor den jeweiligen Fenstern in einem stabilen Metallkorb. Für jedes Bad eine. Die für den Herd steht ohne Einfassung auf dem Küchenbalkon. Trotzdem