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Tritiya

Es ist immer noch Feiertag. Oder schon wieder. Oder ein neuer. Oder alles zusammen. Jedenfalls ist die Lazimpat leergefegt und die Ampel vor der Botschaft der UAE steht auf Dauergrün. Es ist der dritte Tag nach Neumond. Shukla Paksha Tritiya.  Dieser dritte Tag kommt zweimal in jedem Monat vor, wie andere Tage auch. Einmal bei zunehmendem Mond, also heute. Und einmal bei abnehmendem Mond, also später, ungefähr in zwei Wochen. Am dritten Tag nach Vollmond. Krishna Paksha Tritiya.  Und um hier größtmögliche Verwirrung zu stiften, habe ich nachgeschlagen in der Tritiya Date List 2024 und herausgefunden, dass die heutige Tritiya gestern um 10:05 pm begonnen hat und heute Nacht, kurz vor Mitternacht, genau um 11:24 pm endet. In Indien. Ob das auch für Nepal gilt, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht ist bei mir im 10. Stock alles um 15 Minuten nach vorne verschoben. Also 10:20 pm - 11:39 pm. Passt auch noch gerade so in meinen 4.11.

Bhai Tika

Der fünfte und letzte Tag von Tihar. Nochmals ein wichtigster Haupt-Abschluss-Feiertag. Jedenfalls ist heute alles geschlossen. Nur die Arbeiter am dritten Turm vor meinem Fenstern hämmern und lärmen den ganzen Tag. Ich muss nicht alles verstehen in diesem Land. Am Nachmittag regnet es ein bisschen. Und früh, auf dem Weg in den Ranibariforest, riecht es nach Herbst, da während der Feiertage nicht so viele Abgase produzierende Gefährte unterwegs sind. Geschwister, Brüder und Schwestern feiern heute ihre Verbundenheit. Die Schwestern singen heilige Mantras und verehren ihre Brüder, indem sie ihnen das oder die Tika auf die Stirn malen. Das heilige Zeichen setzen. Und ihnen Wohlergehen wünschen. Wenn es den Brüdern gut geht, geht es auch den Schwestern gut, denn die genießen deren uneingeschränkten Schutz. So ist das hier. Und wer keine Schwester hat, geht in den Balgopaleshwar Tempel in Rani Pokhari und bekommt auch seinen Segen. Und sein Glück. Und ich habe endlich begriffen, welche Rol

Goruh Tihar

Der vierte Tag von Tihar. Oder Divali. Nach meinem Nepali Calendar Patro: Nepal Sambat 1145 Starts. Gleichzeitig sind wir im Bikram Sambat 2081, kartik 17. Und Anno Domini 2024, 2. November. Allerseelen. Die Newari führen heute die Maha Puja durch, Neuanfang, Selbstanbetung und Reinigung der Seele. Andere beten die Ochsen an. Und die Berge. Manche sagen, das alles sei schon gestern gewesen. Aber heute früh im Wald hörte ich eine einsame Kuh muhen. Vielleicht eine vergessene von gestern, die sich nach ihren Artgenossen sehnte oder gemolken werden möchte. Das Muhen kam aus der Richtung der Polizeihundeschule, wo sonst am Morgen immer Dutzende Polzeihundeschüler herumkläffen. Wahrscheinlich beim Morgenappell, vor dem Fressnapf.  Die Berge! Einige Hindus führen heute die Govardhan-Puja durch - ein Ritual für den Berg Govardhan, der den Sieg von Lord Krishna über Lord Indra symbolisiert. So etwas wie die Arche Noah. Lord Indra ließ die Heimat von Lord Krishna überfluten (warum weiß ich nich

Gai Tihar

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Neumond und Gai Tihar, die Hauptfeiertagsnacht. Die Feuerwerke hatten wir schon letzte Nacht. Die Newaris feiern den Beginn des Jahres Nepal Sambat 1145 - oder erstmal das Ende von 1144. So etwas wie Silvester. Diese sogenannte Nepal Era ist seit 2007 wieder einer der drei offiziellen Kalender des Landes, davor war er genau 888 Jahre lang, nämlich von 881 bis 1769 unserer Zeitrechnung, der einzig Gültige und Verpflichtende. Als der Gorkha König Prithvi Narayan Shah die Herrschaft übernahm, führte er natürlich auch eine andere Zeit und einen anderen Kalender ein: Shaka Samabat. Und morgen beginnen die Newari das Jahr 1145 (was, wenn ich richtig rechne, fast aufgeht: 888 bis 1769, seither sind 255 Jahre vergangen - oder auch ein bisschen mehr, da der Lauf der Zeit dem zaudernden Mond unterworfen ist = also sind wir um das Jahr 1143/1144 angekommen). Zugegeben: es ist reichlich kompliziert! Aber hell und glitzernd. Aufregend. Wir sehen Kathmandu illuminated with an array of vibrant ligh

Kukur Tihar

Zweiter Tag von Tihar. Kukur Tihar. Anbetung der Hunde. In der Stadt leben viele Hunde, Straßenhunde. Polizeihunde . Streunende Hunde. Treue Hunde. Schlafende Hunde. Satte Hunde. Ich habe noch keinen hungrigen Hund und noch keinen bösen Hund gesehen, wurde aber vor einiger Zeit auf einem meiner Spaziergänge von zwei ängstlichen Mädchen in einer staubigen Gasse gebeten, dass ich - ich? ausgerechnet ich? - ihnen Geleitschutz gebe, denn da vorne um die Ecke seien Hunde, vor denen sie sich fürchten. Ich versuchte die Schwarzhaarigen und Schwarzäugigen kleinen Schönheiten zu beruhigen, wie S. mich immer beruhigt: don't worry, nothing happens . Wir kamen dann tatsächlich an einem Rudel gut erzogener Hunde vorbei, die träge im Schatten lagen und sich nicht im Geringsten für uns interessierten. Die Mädchen bedankten sich artig und sprangen erleichtert davon.  In unseren Twintowers leben Haushunde, die sich stundenlang von Block A nach Block B, von der 12. Etage in die 6. oder 7. kläffend u

Kaag Tihar

Schon wieder Feiertag. Eine ganze Serie von Feiertagen steht uns bevor! Heute der erste Tag von Tihar, dem Lichterfest. Und das FrauenFußballFinale. Nepal gegen Bangladesh. Wieder im Dasharat Stadion. Wieder in Kathmandu. Ausverkauft. Ich hätte mich frühmorgens in die Schlange einreihen können. Aber ich ziehe das Sofa vor. Zum ersten Mal in meinem Leben gucke ich ein Frauenfußballspiel in voller Länge. Auf Kantipur-TV. Auf dem Smartphone. Beine hochgelagert. W. in Pokhara auf dem Flughafen. Irgendwo in einer zugigen Ecke. Kürzlich kam er einen halben Tag (= eine ganze Nacht) verspätet an, heute eine halbe Nacht (= ein ganzes Frauenfußballfinale). Die nepalesische Torhüterin ("our flying goalkeeper") glänzt und patzt. Es reicht nicht für den Titel. 1:2 für Bangladesh. Heute also Kaag Tihar, der Tag der Krähen. Wer Krähen füttert und ihnen dankt, vermeidet Unglück, denn sie gelten als Boten des Todes. Vielleicht gilt das auch für Tauben. In unseren 12-stöckigen Twintowers wer

Farbenfroh

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Die Vorbereitungen auf Tihar sind in vollem Gange. Die Stadt, die nie dunkel ist - außer bei flächendeckendem Stromausfall - glitzert und glänzt schon seit mehreren Nächten aufgeregt und kunterbunt. Ich kaufe auf dem Heimweg vom Morgenqigong Äpfel und Lotuspflaumen beim Geflügelschlachter. Alles Bio, wie ich zu Hause freudig entdecke. Am Nachmittag spaziere ich die laute Lazimpat (wäre das ein Alternativtitel für den blog?) hinunter und kaufe Nagellackentferner und einmal klassisch blutroten Nagellack. Endlich löse ich die letzten Spuren von der Meldorfer Bucht von meinen Zehen. Der nepalesische Nagellack ist effektiver und riecht angenehmer als alles, was ich bisher in meinem Leben benutzte.  Wie überhaupt die Welt hier erstaunlich wohlriechend ist. Auch habe ich noch nie Ende Oktober Zehennägel lackiert, weil dann wetterbedingt immer schon Wollsocken oder Regenstiefel angesagt waren. Hier laufe ich nach wie vor entweder barfuss oder in meinen elegantesten Sommersandalen (Vabene, schw