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Es werden Posts vom Mai, 2024 angezeigt.

Common Myna

Der Jungvogel hat eine ruhige Nacht in der Ecke vor dem Küchenfenster verbracht. Er wird gefüttert und umsorgt (umkreischt) von mehreren Altvögeln und ist, wie mir scheint, bereits um das Doppelte gewachsen. Kräftiger geworden, aber nach wie vor mutlos, die blau gestrichene massive Balkonmauer zu überfliegen. Aus seiner Perspketive sitzt er wahrscheinlich am Grund eines entleerten Staudamms. Oder Swimming Pools. Ich verabschiede mein früheres Leben in den Träumen am Morgen, wenn hier die Zeit reif wäre zum Aufstehen, meine Seele aber noch im schwärzesten Walde herumstreift. Wir haben einen Inder in Laufnähe gefunden, bei dem wir lunchen. Am späten Nachmittag nehme ich mein Smartphone und verlasse den 5. Stock. Marschiere zwei Stunden allein durch verwinkelte Gassen und laute Straßen zum Patan Darbar Square über den Goldenen Tempel oder Hiranya Varna Mahavihar, und finde rund um den eckigen Ilanani Park irgendwie wieder in den 5. Stock. Bepackt mit Papayas und Mangos. Ich konnte bezahle...

Lord Buddha

Wir wohnen in der Emerald Suite im 5. Stock über einer sehr belebten Straße. Am Tag der Ankunft - also gestern! - schaute ich eine Stunde lang vom Balkon hinab auf die Bewegungen am Boden. Autos in mehreren Reihen rauschten unaufhörlich in die eine oder andere Richtung. Dazwischen Tausende Hupende Mopeds. Linksverkehr! Das ist das eine, was ich mir einprägen muss. Und das andere, wie Fußgänger von einer Straßenseite auf die andere kommen. Es sieht alles ungeordnet aber easy-going aus. Am Nachmittag stiegen wir in den 7. Stock, um im Office das Anmeldeformular auszufüllen. Danach sassen wir eine Stunde auf der Dachterasse und schauten in den Himmel. Die Berge waren nicht zu sehen und die Sonne ging früh unter. Wir wurden mit dem Auto zum Essen abgeholt und ich fragte mich, ob ich je den Mut haben werde, einen Schritt vor die Tür in diese Stadt zu tun. Lord Buddha hat mich erhört. Heute früh hockt eine verschreckte kleine Hirtenmaina (Common Myna oder Acridotheres tristis ) vor meinem K...

arrived

in Kathmandu after the most beautiful sunrise ever seen! Over the Himalayas. Seen from the airplane for only very short time, because the stewardesses kindly asked all passengers to close the blinds. Too early to get up, we had to rest until landing.

Nepal 1

Ich habe 40 kg meiner Habseligkeiten eingepackt und lasse mich damit von Herrn M. nach Hamburg zum Flughafen bringen. Treffe dort W. und wir fliegen zusammen nach Dubai. Mitten in der Nacht müssen wir dort aus- und umsteigen, das schwere Gepäck schlaftrunken aus- und wieder einchecken auf den Flug nach Kathmandu.

Hortus

Ich verschenke Gärten. Den Hortus Eystettensis - Das große Herbarium des Basilius Belser von 1613. In 367 Kupferstichen, nach Jahreszeiten geordnet, überlebt hier der schönste Garten aller Zeiten, den Fürstbischof Johann Konrad von Gemmingen anlegen ließ und den 1632 schwedische Truppen dem Erdboden gleichmachten.  Und den japanischen Garten von Lafcadio Hearn. Alias Koizumi Yakumo. Eine irisch-griechisch-japanische Betrachtung. In Indigoblau gebunden.

Obwohl!

Auch Natasza schreibt über die Armut. Auch Natasza wundert sich ua darüber, dass die ärmsten Töchter der allerärmsten Bergbewohner glitzernden Klunker am Hals oder am Handgelenk tragen, Plastikperlen im Ohr, eine Feder oder Blume im Haar. Was ist dagegen einzuwenden, wenn auch sie ("Nawet najbiedniejsi z biednych ..."), die absolut Besitzlosen, auf ihr Äußeres - oder auf Oberflächlichkeit? - achten - obwohl uns das vielleicht seltsam erscheint ("... , choć wydać się to może dziwne, przywiązują wagę do powierzchowności?") Cytuję z książki p.t. Tam autorstwa Nataszy Goerke, wydanej przez wyd. Czarne w Wołowcu w roku 2017, str 141.

Schmutz

Ich lese in total veralteten Büchern. Versuche mir ein Bild zu machen von der Gegend der Welt, auf die ich mich unweigerlich zubewege. Verzweifle an der Überheblichkeit Adliger und nicht Adliger Mitglieder diverser Westlicher Wissenschaften. Ein berühmter Schwede beschrieb am 28. Juli 1906 in seinem Tagebuch die Ankunft im Kloster Lamayuru so: "Wie müssen sich die Mönche hier in ihrem freiwilligen Gefängnis langweilen! Offenbar ist es ihre einzige Zerstreuung, der Neugier durchreisender Fremdlinge ihren religiösen Fanatismus vorzuführen." Andere untertiteln ihre Fotos mit Gegensatzpaaren wie: "Ein Bauer in Lumpen, aber er lächelt". Dass einfache Leute alles am Leib tragen, was sie besitzen, kann ihnen nicht verübelt werden. Dass sie dabei an Werktagen die sogenannten "Lumpen" über die besseren Kleidungsstücke ziehen - an Feiertagen aber die Reihenfolge sorgsam ändern, zeugt von viel nachhaltigem Sachverstand. Und dass sie, obwohl sie sich angeblich so gut ...

Alphabet

Ich verschenke alle kyrillisch geschriebenen Bücher. Pünktlich zu Pfingsten. Und behalte ein anderes, von dem ich kein Wort, keinen Buchstaben entziffern kann. Haikus von Takeno Aoki. In Leinen gebunden, feines japanisches Papier, nicht schneeweiß, sondern ein mildes, warmes Weiß, wie von Tanizaki Jun'ichiro beschrieben. 247 Seiten von hinten nach vorne nummeriert. Das Buch wiegt schwer und unverständlich in der Hand. Trotzdem sortiere ich es aus, lege es zu dem Stapel der Unverzichtbaren. Es ist ein Geschenk der Autorin, überreicht vor fast zwanzig Jahren, zum Schutz vor fettigen Fingerabdrücken in Seidenpapier eingeschlagen, das ich nun endgültig entferne.

Blasen

Mit der neuen Woche beschließe ich, mehr zu gehen. Meiner Zukunft im Himalaya entgegen zu gehen. Meine Wanderschuhe wieder einzulaufen. Ich laufe als Erstes um die Mittagszeit los, laufe eineinhalb Stunden durch die Feldmark. Gerate immer wieder in Sackgassen. Sehe in der Ferne Güllewagen. Weiche einem Traktor aus, der ein monströses Teil hinter sich her zieht. Ende an Viehgattern oder Wasserläufen. An staunenden braunen Rinderaugen. Sehe keinen Menschen. Gehe den ganzen Weg wieder zurück, weil ich nicht den Mut habe, über Zäune zu klettern. Und laufe mir prompt Blasen an beiden Fersen ein.

Fragen

Ich hole die Lilienthaluhr beim Juvelier ab und frage, ob er mir meinen Ehering weiten kann. Ich kriege ihn nicht mehr über den rechten Ringfinger und über den linken nur mit größter Mühe. Ich trug ihn immer an der rechten Hand, solange ich ihn trug. Alles hat seine Zeit.  Fragen werde ich nur noch stellen, nicht mehr beantworten.

Keller

Ich verschenke die Gottfried Keller Gesamtausgabe, die meine Mutter zur bestandenen Lehrabschlussprüfung im November 1944 in Anerkennung "sehr guter Leistungen" erhalten hatte. Sowie zwei Bände Gedichte mit handschriftlichen Widmungen mir unbekannter Personen. Muss ich wohl einst antiquarisch erstanden haben.

Orange

Ich verschenke das Schuhsohlenbild von Margarita. Sie malte damals verschiedene Umschlagentwürfe für " Die Fölmlis ". Die Verlegerin entschied sich für eine ganz konkrete Sohle. Für eine ganz konkrete Sprache. Bildsprache. Die anderen wurden bei der Vernissage mit den Büchern verkauft. Mir gefiel die abstrakte, warme, orangefarbene Sohle und ich hatte sie all die Jahre gerne an meiner Wand hängen.

Flöten

Sebastian ist mit dem Posaunechor unterwegs von Riesa über Heide nach Hamburg zum Posaunentag. Er holt bei mir alle Trommeln, Becken, Flöten, Pfeifen, Glocken, Klingeln usw ab. Alle Chornoten. Mit meinen handschriftlichen Eintragungen, ja! Ich hatte keine Lust, mit dem Radiergummi durch die Töne zu ziehen und meine Spuren auszulöschen. Es sind seine Ansagen! Er war (und ist) mein (Lieblings-)Chorleiter! Er nimmt alles für seinen Sohn nach Zeithain mit. Passt alles in den Kofferraum. Die Menagerie. Die Vogeluhr. Das Zelt. Den Pandazugluftstopper.  Und wieder einmal ist mein Flur vorübergehend leer geräumt.

Flight Booking Confirmed

 Das Ticket ist da.

Knochen

Die Nachbarsbuben wollen immer mal wieder "zu Caruso". An sein Grab. Sie erinnern sich gern an den schwarzen Kater und sind immer etwas traurig. Heute haben sie schulfrei, sind am Vormittag den Meldorfer Brückenlauf mitgelaufen und stehen nun betreten vor dem Blumenbeet.  "Nimmst du die Knochen mit?", fragt der mittlere unvermittelt. Es werden mir in letzter Zeit viele Fragen gestellt. Selten so kluge!