Stonehenge

Ich hole den allerletzten Aktenordner vom Dachboden und schreddere seinen Inhalt. Das muss geschehen, bevor die Sonne heute Abend ihren höchsten Stand am Himmel über der Nordhalbkugel erreicht. Es ist nicht schlimmer, als ich erwartet hatte, dauert aber deutlich länger. Gerichtsakten, Verhörprotokolle, seitenlange Urteilsbegründungen und Revisionen bis hoch zum BGH. Die Vergangenheit lässt sich nicht restlos eliminieren und in feine Streifen zerschnipselt in die Papiertonne kippen. Nein! Es bleibt dabei und kann nicht oft genug wiederholt werden: Schwiegervaters Leben hat eine Krankenschwester auf der kardiologischen Intensivstation der Berliner Charité vorzeitig beendet.

In Stonehenge - wo sich traditionell Tausende zur Sommersonnenwende versammeln, um die Sonne direkt hinter dem Eingang zum Steinkreis aufgehen und dann ihr Licht exakt auf den Altarstein in der Mitte fallen zu sehen - in diesem Stonehenge trieben gestern Klimaaktivisten ihr Unwesen und besprühten die Megalithblöcke der Jungsteinzeit mit einem sonnenuntergangsfarbenen Pulver. Mit harmloser Maisstärke, wie sie behaupteten, die der erste Regen weggewaschen hätte. Experten zweifelten an dieser Theorie und entfernten das künstliche Sonnenlicht (was sonst wollten die Unholde uns bieten?) rechtzeitig vor dem Auftreten des Natürlichen.

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