Bhai Tika

Der fünfte und letzte Tag von Tihar. Nochmals ein wichtigster Haupt-Abschluss-Feiertag. Jedenfalls ist heute alles geschlossen. Nur die Arbeiter am dritten Turm vor meinem Fenstern hämmern und lärmen den ganzen Tag. Ich muss nicht alles verstehen in diesem Land. Am Nachmittag regnet es ein bisschen. Und früh, auf dem Weg in den Ranibariforest, riecht es nach Herbst, da während der Feiertage nicht so viele Abgase produzierende Gefährte unterwegs sind.

Geschwister, Brüder und Schwestern feiern heute ihre Verbundenheit. Die Schwestern singen heilige Mantras und verehren ihre Brüder, indem sie ihnen das oder die Tika auf die Stirn malen. Das heilige Zeichen setzen. Und ihnen Wohlergehen wünschen. Wenn es den Brüdern gut geht, geht es auch den Schwestern gut, denn die genießen deren uneingeschränkten Schutz. So ist das hier.

Und wer keine Schwester hat, geht in den Balgopaleshwar Tempel in Rani Pokhari und bekommt auch seinen Segen. Und sein Glück.

Und ich habe endlich begriffen, welche Rolle die Tiere der letzten Tage eigentlich spielen. Der Legende nach waren Yama (Lord Yama, der Gott des Todes) und seine Schwester Yamuna verabredet. Er war aber sehr beschäftigt mit dem Aussortieren der Seelen und der Frage, welche er nach oben in den Himmel, und welche nach unten in die Hölle schicken darf. Als Yama zum vereinbarten Zeitpunkt nicht erschien, machte sich Yamuna Sorgen und versuchte, ihren Bruder zu erreichen - heute wäre das easy per whatsapp oä. Yamuna besaß aber kein Smartphone und war nicht Sadhain On (always online), also schickte sie 1. eine Krähe mit einer Nachricht los, 2. einen Hund, 3. eine Kuh. Als alle drei Nachrichten unbeantwortet blieben, machte sich Yamuna am fünften (wo ist der 4. Tag abgeblieben? der Berg? das Selbst?) Tag selber auf den Weg, traf ihren fleißigen Bruder Yama bei der Arbeit und segnete ihn mit dem Ritual, mit dem heute alle Schwestern ihre Brüder segnen.

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