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Es werden Posts vom Oktober, 2024 angezeigt.

Kukur Tihar

Zweiter Tag von Tihar. Kukur Tihar. Anbetung der Hunde. In der Stadt leben viele Hunde, Straßenhunde. Polizeihunde . Streunende Hunde. Treue Hunde. Schlafende Hunde. Satte Hunde. Ich habe noch keinen hungrigen Hund und noch keinen bösen Hund gesehen, wurde aber vor einiger Zeit auf einem meiner Spaziergänge von zwei ängstlichen Mädchen in einer staubigen Gasse gebeten, dass ich - ich? ausgerechnet ich? - ihnen Geleitschutz gebe, denn da vorne um die Ecke seien Hunde, vor denen sie sich fürchten. Ich versuchte die Schwarzhaarigen und Schwarzäugigen kleinen Schönheiten zu beruhigen, wie S. mich immer beruhigt: don't worry, nothing happens . Wir kamen dann tatsächlich an einem Rudel gut erzogener Hunde vorbei, die träge im Schatten lagen und sich nicht im Geringsten für uns interessierten. Die Mädchen bedankten sich artig und sprangen erleichtert davon.  In unseren Twintowers leben Haushunde, die sich stundenlang von Block A nach Block B, von der 12. Etage in die 6. oder 7. kläffend u...

Kaag Tihar

Schon wieder Feiertag. Eine ganze Serie von Feiertagen steht uns bevor! Heute der erste Tag von Tihar, dem Lichterfest. Und das FrauenFußballFinale. Nepal gegen Bangladesh. Wieder im Dasharat Stadion. Wieder in Kathmandu. Ausverkauft. Ich hätte mich frühmorgens in die Schlange einreihen können. Aber ich ziehe das Sofa vor. Zum ersten Mal in meinem Leben gucke ich ein Frauenfußballspiel in voller Länge. Auf Kantipur-TV. Auf dem Smartphone. Beine hochgelagert. W. in Pokhara auf dem Flughafen. Irgendwo in einer zugigen Ecke. Kürzlich kam er einen halben Tag (= eine ganze Nacht) verspätet an, heute eine halbe Nacht (= ein ganzes Frauenfußballfinale). Die nepalesische Torhüterin ("our flying goalkeeper") glänzt und patzt. Es reicht nicht für den Titel. 1:2 für Bangladesh. Heute also Kaag Tihar, der Tag der Krähen. Wer Krähen füttert und ihnen dankt, vermeidet Unglück, denn sie gelten als Boten des Todes. Vielleicht gilt das auch für Tauben. In unseren 12-stöckigen Twintowers wer...

Farbenfroh

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Die Vorbereitungen auf Tihar sind in vollem Gange. Die Stadt, die nie dunkel ist - außer bei flächendeckendem Stromausfall - glitzert und glänzt schon seit mehreren Nächten aufgeregt und kunterbunt. Ich kaufe auf dem Heimweg vom Morgenqigong Äpfel und Lotuspflaumen beim Geflügelschlachter. Alles Bio, wie ich zu Hause freudig entdecke. Am Nachmittag spaziere ich die laute Lazimpat (wäre das ein Alternativtitel für den blog?) hinunter und kaufe Nagellackentferner und einmal klassisch blutroten Nagellack. Endlich löse ich die letzten Spuren von der Meldorfer Bucht von meinen Zehen. Der nepalesische Nagellack ist effektiver und riecht angenehmer als alles, was ich bisher in meinem Leben benutzte.  Wie überhaupt die Welt hier erstaunlich wohlriechend ist. Auch habe ich noch nie Ende Oktober Zehennägel lackiert, weil dann wetterbedingt immer schon Wollsocken oder Regenstiefel angesagt waren. Hier laufe ich nach wie vor entweder barfuss oder in meinen elegantesten Sommersandalen (Vabene, ...

4:2

Wir sind immer noch auf Wohnungssuche, auch wenn das zuweilen aus dem Focus gerät. Wir sind im 10. Stock in Panipokhari nur übergangsweise. Für mich ist die Höhe oder die Tiefe unter mir immer noch gewöhnungsbedüftig. Die Taubengitter um die drei Balkone vermitteln keinerlei Gefühl von Sicherheit. Gestern also wieder einmal quer durch die Stadt nach Süden, nach Lalitpur. Wohnungen angucken. Die eine war über unseren Erwartungen, die andere darunter. Auf dem Hin und auf dem Rückweg standen wir lange im Stau, auch um das Dasharath-Stadion herum. Die Frauen - SAFF Woman's Championship oder South Asian Football Federation Women's Cup - spielten zwar noch nicht, trotzdem war das Gedränge beträchtlich. Und der Smog atemraubend. Wir werden nicht nach Lalitpur ziehen, wenn W. an der Gate ( Global Academy of Tourism and Hospitality Education )  arbeitet. Das ist die Erkenntnis des gestrigen Abends. Mit Husten. Und die des heutigen Morgens: ich muss den Titel des Blogs ändern!  Und die ...

Umstellung

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Quelle: n-tv.de Das bleibt uns fortan erspart: die Qual einer Umstellung. Die Zeiger einer analogen Uhr vor- oder nachrücken. Der Abstand zu Euch hat sich nun um eine Stunde vergrößert. Und wir erfreuen uns weiterhin eines unglaublich blauen Himmels.

Ausflug

Babermahal Revisited. Der Versuch eines Ausflugs. Zwei Ausstellungen in der Siddharta Art Gallery. Die Vergangene und die Ongoing. Dorjee Karmarong: Hidden Valley in the Himalayas - ist eigentlich am 21. zu Ende gegangen, hängt aber noch bis Ende des Monats in abgespeckter Form in einem separaten Raum. Für uns! Weil wir die Vernissage versäumt hatten. Sundar Sinkhval: SADHANA . Wurde vorgestern eröffnet, was wir auch verpasst haben. Der Künstler ist immer noch anwesend und seine Tochter führt uns durch die Bilder und Götter und Sagen.  

GPO

Das letzte Paket (ein Päckchen, M) und die erste Briefpost sind eingetroffen. Nach mehr als einem Monat also Normalität. Wir sind erreichbar, auch über traditionelle Wege. Ich lasse mir aber nie wieder etwas schicken, nicht einmal ein Geburtstagsgeschenk. Geschweige denn ein Weihnachtsgeschenk! Ich brauche nichts und der Gang zum GPO (General Post Office) erweist sich als zeitraubend. Pakete müssen abgeholt werden, auch Päckchen, egal ob S oder XXL. Wer die Briefe gebracht hat, weiß ich nicht. Ich bekam sie unten an der Pforte von einem der Security Officer überreicht. Für mich und für W. In einem der Briefe für mich steckt ein frankierter Antwortumschlag. Wo ich den dereinst ab- oder einliefern soll, bleibt ein Rätsel. Ansichtskarten sind noch unterwegs. Feriengrüße. Vom warmen September. Aus dem fernen Westen. Ich melde mich, wenn sie da sind.

GPS

Ich bin schon viele Wege gegangen. Und lande nur selten in Sackgassen. Aber nun meldet mein Smartphone, dass ich meine - oder seine? - mobilen Daten aufgebraucht habe. Ohne googlemaps bin ich draußen auf den Straßen verloren. Drinnen hab ich WLAN. Morgen endet mein deutscher Mobilfunkvertrag. Wieder eine Last (+ eine Nummer!) weniger. Ich lerne, was Sadhain On bedeutet. Always On(line)! Und wie ich das nächste 28-Tage-Paket auf meine nepalesische Nummer geladen bekomme. Easy per Überweisung von meinem nepalesischen Bankkonto. Manche Dinge sind hier viel einfacher als im Rest der Welt.

Umwege

Der Umweg zum Schlüssel - zur Einsicht, dass wir einen zweiten Schlüssel gar nicht brauchen - hat das Gesicht der Stadt verändert und mich aus meinem kühlen Morgentrott befreit. Die Ecke unter der Treppe am Eingang zum Ranibari Forest gleicht morgens um 7 einem wuseligen Markt im Schatten. Alte und junge Frauen, mit oder ohne Kind, mit oder ohne Hund, verkaufen ihr Gemüse und malen die Preise in den Sand. Dazwischen ein Motorrad, über und über behängt mit in Plastik eingepacktem Weißbrot. Weiß der Himmel, wer hier so etwas kauft, denke ich jeden Morgen, ehe ich die Stufen in Angriff nehme. Und der Medizinmann sitzt mit der Personenwaage und dem Blutdruckgerät auf seinem Schemelchen. Umgeben von unverschämt dicken, parkenden wo immer Platz ist, SUVs. Die lassen mich täglich aufs Neue raten, wo denn deren Fahrer sind. Im Wald natürlich! Drehen als jung gebliebene Manager ihre Morgenrunden mit dem Smartphone in der Hand. Das ersten meeting des Tages. Als ich also gestern rund drei Stunden...

Schlüssel

Am Anfang hatten wir keinen Schlüssel zur Wohnung. Es gab nur einen mächtigen Riegel außen an der Tür, der mit einem Vorhängeschloss festgeklammert werden konnte, so dass die Tür zu war. Zu dem Schloss gab es ein einziges winziges Schlüsselchen. Wir kauften ein neues, etwas robusteres Vorhängeschloss und bekamen dazu 4 auch etwas robustere Schlüssel. Die Anzahl der Schlüssel änderte aber nichts an der Tatsache, dass, wenn eine(r) die Wohnung verließ und den Riegel von außen zuschob und die Tür mit dem Vorhängeschloss verrammelte, der oder die andere in der Wohnung gefangen war und sie nicht verlassen konnte. Die Wohnungstürflügel klappen von Natur aus auf, wenn sie nicht in irgendeiner Art und Weise daran gehindert, sprich verschlossen werden. Ich konnte unmöglich morgens in den Wald gehen, während W. noch schlief, und die Tür sperrangelweit offen stehen lassen. Dann kam eines Tages die Vermieterin und hörte sich unsere Sorgen an. Sie zog einen klirrenden Schlüsselbund aus der Tasche u...

Pakete

Nun sind alle Pakete im 10. Stock aus dem Aufzug in die Wohnung gekommen. Schief und krumm, zerdrückt, zerrissen, verklebt. Erbärmlich anzusehen, aber angekommen! Fast alles unzerbrochen. Wieder packe ich Dinge aus, über die ich mich jetzt wundere, warum ich sie damals eingepackt habe. Manches war auch nur Füllmaterial. Statt mit alten Zeitungen, habe ich Zwischenräume mit Handtüchern oder Putzlappen gestopft. Ich freue mich wie ein Kind über die Desigual Blumen-Steppweste mit Kapuze. Und über die Postkartentasche aus dem MoMa. Beides hatte ich vollkommen vergessen. So schnell vergeht die Zeit. Noch haben wir tagsüber hochsommerliche Temperaturen und blauen Himmel. Der Mond steht am Vormittag kopfüber am Himmel. Beats FußimSchuh-Foto aus Sevilla '90 kommt unversehrt zum Vorschein! Nun fehlt nur noch das Geburtstagsgeschenk meiner ehemaligen Nachbarn. Ein kleines Päckchen, nichts im Vergleich zu unseren 20-kg-Bücherkisten. Wartet seit zwei Wochen in Frankfurt auf ein Flugticket. Auf...

Jangali Thute Kharayo

Sonntag. Arbeitstag. Wir wollten die restlichen Pakete bei der Post abholen. Aber W. ist mit einem halben Tag (= eine ganze Nacht) Verspätung aus Honkong zurückgekommen. Also Ruhetag. Mit Pfeifhase. Kürzlich war in der TKP zu lesen, dass zum ersten Mal in Nepal ein Forrest Pika, ein Forrest-Pfeifhase ( Ochotona forresti ) einem Wildlife photographer vor die Kamera lief. Und von dem natürlich sofort unwiderruflich ins Bild gebannt wurde. Das geschah vor etwa einem Monat in Sadakpur, im nördlichen Teil von Ilam in der Koshi Provinz an der Grenze zu Darjeeling. Etwa 600 Kilometer südöstlich von meinem Ranibari Forest. Ob der Pfeifhase, den die Nepali liebevoll (für mich trotzdem schwer memorierbar) Jangali Thute Kharayou nennen, es irgendwann bis in die Metropole schafft, ist mehr als fraglich. Der arme Hase mit den kleinen, runden Ohren steht auf der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN (International Union for Conservation of Nature). Der Bestand soll zwar akut nicht mehr vom Aussterb...

Der Schrank

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So einen Schrank hatte ich noch nie! Bescheiden, schlank, robust. Aus massivem Holz. Dunkel lackiert. Beste Handarbeit! Ich habe fast alles darin untergebracht (worauf ich ein bisschen stolz bin). Bis auf Skiunterwäsche, Wintermütze, Schlafsack und Trekkingrucksack. Diese (vorerst überflüssigen) Dinge könnte ich in einen der leeren Koffer packen und diesen Koffer oben auf den Schrank hieven. Aber das würde den Schrank entweihen und ihm die vornehme Würde nehmen.  Wie Ihr sehen könnt, hat der Schrank zwei Türen und ist abschließbar. Wozu, weiß ich nicht. In diesem Land gibt es keine Diebe. Wie Ihr nicht sehen könnt, sind im Innern hinter der linken Tür 4 Schubladen, hinter der rechten 2 Schubladen verborgen. Darüber ist die Stange zum Hängen angebracht. Hinter der rechten Tür hängen also an meinen neuen Holzkleiderbügeln längeren Sachen, wie Sommerkleider, Winter- und Regenmantel, hinter der linken Tür Blusen, Jacken, Hosen. So weit so gut. Das Problem - oder das Wunder? - des schli...

Wellbeing

Nun fängt das neue Leben an. Mein Thay bietet wieder livestreams an, führt mit Well-Being Qigong 13 Wochen durch den Winter. Er im Deer Park Monastery in Escondido, California. Alle andern irgendwo verstreut in der Welt. Ich in Panipokhari im 10. Stock. Er immer donnerstags, 5 pm PDT (Pacific Daylight Time). Ich immer freitags 05:45 am NPT. Der Start ist perfekt nach Dashain. Der Mond ist noch nicht untergegangen, die Sonne noch nicht aufgegangen! Ich habe (fast) nicht geschlafen. Week 1: Connect

Kojagrata Purnima

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Im Nepali Calendar beginnt heute ein neuer Monat: Kartik 1, Kojagrata Purnima, Katim Punhi; Kartik Snan, Aakash Dip Daan Aarambha. Vollmond und der fünfzehnte, letzte und heiligste, herrlichste Festtag von Dashain. Heute wacht die Göttin Laxmi über uns. Wer die ganze Vollmondnacht wach bleibt ( kojagrata soll wörtlich genau das meinen: wer wach ist) wird von Laxmi überschüttet (geduscht, gebadet) mit Wohlstand und Reichtum. Um nicht vorzeitig einzuschlafen, spielen meine Nachbarn die ganze Nacht Karten.  Ich werde mein Bett verrücken, denn heute kam in mein Zimmer ein Kleiderschrank und ich kann die ganze Nacht den letzten Koffer auspacken. Vorsorglich habe ich - mein neuer Wohlstand! - bei Daraz 36 Holzkleiderbügel bestellt. In Laufnähe fand ich nur Plastik. Vor genau einem Monat, am 17.9. sind wir kurz vor dem peak des letzten Vollmonds in Kathmandu gelandet, er nahm damals noch knappe 20 Stunden zu. Nun haben wir die beiden Mondphasen in diesem Land einmal durchlebt: zuerst die...

Chaturdashi

Der letzte Tag im Ashoj. 30 Ashoj Wednesday 2081. Chaturdashi. So steht es in meinem Kalender. Außerdem: Kojagrat Brat. Oder Kojagrat Vrata. Der Vierzehnte. Der Vorletzte im fünfzehntägigen Dashainfestival. Brat ist auch polnisch und heißt Bruder. Vrata eher südslavisch für Tor. Das Einfallstor. Auf dem Weg in den Wald kommt mir die ganze Affenbande entgegen. Frohlockend und schreiend jagen sie mit Kind und Kegel über die Dächer. Sie haben eben den Gemüsehändlerinnen ihr Frühstück abgenommen. Es ist nämlich heute auch World Food Day! Da hält sogar die Tageslosung mit: "Besser ein Gericht Kraut mit Liebe als ein gemästeter Ochse mit Hass" (Sprüche 15, 17).  Am Fuße der Treppe zum Eingang sitzt ein Mann mit einer Personenwaage und einem Blutdruckmessgerät. Er betreut die Nepali, die hier ihren Frühsport treiben. Auf der Waage habe ich noch niemanden gesehen, aber den Blutdruck lassen sich einige der Herren messen. Nach Acht packt die mobile Kriseninterventionsstelle ihre Gerä...

Trayodashi

Der Dreizehnte. Trayodashi. Klingt in meinen Ohren immer noch wie polnisch. Jetzt aber richtig: trzynaście (dreizehn) oder trzynastka (die Dreizehn). Ist trotzdem Sanskrit. Der dreizehnte Tag von Shukla Paksha, von der zunehmenden Mondphase. Kein Feiertag, jedenfalls kein richtiger, aber auch kein richtiger Arbeitstag. Die Straßen sind noch geräuscharm und die Luft am Morgen frisch. Fast fröstelt mich! Mein Gewährsmann S. vertröstet mich auf Freitag. Wir müssen die restlichen Pakete bei der Post abholen, aber: govt officers come back to work on Friday after holiday. Derweil laufe ich hier um die Ecke und kaufe 100 tiefgefrorene Momos. Nach den Feiertagen ist vor den Feiertagen. Sales from the shutter in our Panipokhari Outlet - als ich das entdeckte, war es bereits zu spät und der shutter (Rollladen) über Tage pulled down (geschlossen). 50 veg + 50 chicken. Damit es nicht zu eintönig wird und kleinere Packungen gibt es nicht. Jetzt darf nur der Strom nicht mehr allzu oft oder allz...

Dwadashi

Heute ist der zwölfte Tag. Auch wenn ich es nicht verstehe. Und immer noch Feiertag, himmlische Ruhe! Es ist der zwölfte Tag nach Neumond, jedenfalls in Nepal. Und es ist der 28. Tag nach unserer Abreise aus Europa. Also genau zwei 14-Tagestranchen. Irgendwie ist das schon richtig so. Ich schlafe viel, weil erst jetzt die Erschöpfung der letzten Monate ihr Recht fordert. Es wird früh dunkel, also lege ich mich früh ins Bett und stehe früh auf, laufe schnurstraks in den Wald, steige auf den Berg und gucke in den Himmel. Dwadashi erinnert mich an polnisch dwadzieścia - was aber zwanzig und nicht zwölf bedeutet. Dwadashi kommt wie fast alles hier aus dem Sanskrit und bezeichnet richtig den 12. Tag jeder Mondphase, also der Shukla Paksha und der Krishna Paksha. Das wissen wir schon. Seit gestern! Im Wald läuft ein ausgewachsener Affe herum. Vielleicht auch mehrere, aber bisher kam mir nur einer entgegen. Und der umarmte dann lachend einen uralten Baum.

Papankusha Ekadashi Brat

Der elfte Tag des vierzehntägigen hinduistischen Festtagsmarathons. Und warum nicht der zwölfte?  In meinem Kalender viele unverständliche Wörter. Papangkusha Ekadashi Brat, Annapurna Yatra, Asan. Chain. In der Früh zerdeppere ich ein Teeglas. Noch ohne Tee. Fege es mit einer unachtsamen Bewegung von der Anrichte. Kürzlich fiel mir ein Espressotassenuntertellerchen aus der Hand. Scherben dieser Art sind - im Gegensatz zu den verletzungssicher verpackten und verklebten Überresten deutschen Zollkontrollen - eine mittlere Katastrophe, da ich nicht weiß, wie sie zusammenfegen. Einen Staubsauger, den ich in meinem früheren Leben seufzend am Sonntagmorgen zur Hand genommen hätte, gibt es hier nicht. Und mit dem Besen, den meine cleaningladies mit bewundernswerter verve benützen, kann ich nicht umgehen. Nur gut, dass ich gerade allein auf bloßen Füßen durch die Wohnung tigere. Das Glas war eh überflüssig und das weiße Tellerchen, nun ja, passte auch nicht so richtig. Ich hatte zwei typisc...

Dashain ko Tika

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Ich versuche zu verstehen, was ich sehe, was ich höre, was ich lese. Ungefähr in dieser Reihenfolge. Heute geradezu gespenstische Ruhe und ein Leuchten überall! Es ist unglaublich, wie viel Schönheit hier an den unerwartetsten (kein schöner Superlativ, das gebe ich zu - aber so ist die deutsche Sprache) Orten und in den unerwartetsten (dito) Momenten in Erscheinung tritt. Sich manifestiert. Ohne Scham und ohne Kult. Einfach so. Voller Würde. Kürzlich trat meine Nachbarin auf dem 10. Stock aus der Tür und ich war sprachlos in meinem T-Shirt und einer ausgleierten Hose. So geblendet und verdattert, dass ich kein Wort herausbrachte. Ich hatte schon ihren Sohn oder Mann im Aufzug gesehen, der war wie alle und überall, in Eile und jeansblau. Aber die Frau! In meinem Kalender Bijayadashami (oder: Vijaya Dashami), Dashain ko Tika 2081, Devi Bisarjan. Die TKP (The Kathmandu Post) berichtet: "the Nepal Panchanga Nirnayak Bikas Samiti has declared 11:36 am as the ideal time for receiving ti...

Maha Astami und Mahanawami

Die Kathmandu Post klärt mich auf: heute feiern die Hindus im ganzen Land den achten und neunten Tag des Bada Dashain Festivals. Ich konnte die halbe Nacht nicht schlafen, weil ich Tage, Namen und Daten durcheinander brachte und immer wieder in Gedanken zum Neumond zurückkehrte und von vorne anfing zu zählen. Dass die Nepali nicht gut kopfrechnen können, ist uns schon aufgefallen. Dass alles vom Mond abhängt, auch. Den sehe ich nun schon bei Sonnenuntergang vor dem Fenster von links nach rechts wandern. Heute genau in der Hälfte durchgeschnitten. Die Nächte sind mittlerweile angenehm kühl und hoch im Zenit steht ein einziger Stern. Geweckt werde ich pünktlich von gurrenden Tauben. Riesige Raubvögel kreisen lautlos, aber erst im Laufe des Vormittags. Das ist der Vorteil eines 10. Stockwerks: wir können auf die Vögel hinunterblicken. Allmählich gewöhne ich mich an den Schwindel über dem alles verzehrenden Schlund. Mein Nepali Calendar for Phone sagt mir an: Maha Astami, Kaal Ratri und Ma...

Phulpati

Mein Kalender sagt: Phulpati, Nawapatrika Prabesh. Der siebente und zweitwichtigste Tag von Dashain. Nun nimmt das Festival spirituelle Fahrt auf und das öffentliche Leben kommt (fast ganz) zum Erliegen. Das Wort des Tages besteht aus der Blume ( phūl ) und dem Blatt ( pātī ). Gestern sah ich einen kleinen, dürren Mann mit riesigen Bananenbaumblättern, sie überragten ihn um mindestens das Doppelte, die er freudestrahlend vor sich her trug. Heute früh wird noch einmal der Müll eingesammelt. Im Ranibari Forest, im Porpa Ajima Tempel ist viel los. Man huldigt der Göttin Durga sowie ihrer achten Inkarnation, der Göttin Kalratri, die als Symbol der Macht gilt. Sie wird, davon sind alle hier im Wald mitten in Kathmandu überzeugt, die Welt aus der Finsternis ins Licht führen, Frieden und Wohlstand bringen.  Auf dem Heimweg nehme ich mir ein paar Rankeblumen vom Wegesrand mit. Kaum biege ich von einer Hauptstraße ab, fühle ich mich wie auf dem Dorf. Und da ist alles erlaubt.

Dunkelheiten

Mitten in der Nacht wache ich auf und sehe zum ersten Mal zu meinen Füßen eine dunkle Stadt. Endlich, denke ich, schlafen auch die Nepali. Aber natürlich irre ich. Die Aircondition über meinem Bett piepst und brummt kurz, ehe sie sich wieder zur Ruhe begibt. Dies ist das akustische Zeichen in meinem Zimmer, dass der Strom weg war und gerade wieder gekommen ist. Unter mir gehen wie auf Knopfdruck alle bunten Lichter wieder an. Ohne Strom können wir nicht kochen, obwohl die Küche mit Gasherd ausgestattet ist. Aber der Zünder für die Flamme funktioniert nur elektrisch. Da hilft kein Streichholz, auch für die Mikrowelle nicht. Aber wir können warm duschen. Der mit Gas betriebene Durchlauferhitzer zündet dank zwei dicker altmodischer Batterien. Wir haben 4 Zimmer und 1 Küche, 3 Bäder, 3 Balkone. 4 Gasflaschen stehen rund um die Wohnung verteilt vor den jeweiligen Fenstern in einem stabilen Metallkorb. Für jedes Bad eine. Die für den Herd steht ohne Einfassung auf dem Küchenbalkon. Trotzdem ...

Peinlichkeiten

Ich habe mir vorgenommen, nichts über die Müh(l)en des Alltags zu schreiben. Es ist hier wie überall. Die eine und andere Peinlichkeit habe ich mir aber schon geleistet. Angefangen mit dem sugar . Über die Vorhänge. Ich wollte - im Herzen pure Schweizerin! - die einst weißen Vorhänge im Wohnzimmer wieder weißwaschen. Ich dachte, ich mache das am besten am Samstag, wenn die cleaning ladies kommen. Dann können sie die Vorhänge abnehmen, Fenster putzen, Sofas wegrücken, alle Ecken auskehren. Und bis sie damit fertig sind, stellte ich mir vor, sei auch die Waschmaschine fertig, und die ladies könnten die staubtrockenen Vorhänge wieder aufhängen. Pustekuchen. Der Strom war weg, bevor sie kamen und blieb weg, solange sie hier waren und noch eine ganze Weile darüber hinaus. Die elektrische Türklingel funktionierte notabene auch nicht, und sie mussten lange an die Tür poltern, bis ich in meiner Einfalt verstand, was das Gepolter bedeutete. Sie kamen nämlich fast zwei Stunden früher als verein...

Jahrestag

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Ich feiere meinen persönlichen Jahrestag. Der ist positiver, als alle Jahrestage dieser Welt. Das oder der Blog (laut Duden geht beides) "In Lalitpur" existiert seit genau einem Jahr, zwischenzeitlich unter leicht abgewandelten Namen "Na(ch) Lalitpur" oder "Nach Lalitpur". Das war eine meiner persönlichen Wortspielspinnereien, die niemand verstehen muss. Initiiert wurde das Ganze von einem einzigen, simplen, unüberlegten, leichtfertigen und folgenschweren Satz . Wer A sagt, muss auch B sagen. Vor genau drei Wochen haben wir Europa verlassen. Seither wohnen wir (noch) nicht in Lalitpur, sondern im Norden Kathmandus, in Panipokhari, im B-Wing. Zur Feier des Tages speisen wir im Walnut Bistro . 6 Gehminuten von unserem 10. Stock entfernt. W. hat dort schon öfters über foodmandu Essen bestellt. Bistro ist irreführend. Wir sitzen draußen, unter einem Blätterdach, unter Bäumen, wie im Wald. Mitten in der Stadt. Im Windschatten der lauten Lazimpat Sadak. Für Kind...

sugar

Da auch die Kristallzuckerdose unversehrt aus einem der Pakete zutage trat, sowie der silberne Zuckerlöffel mit eingefasstem Bernstein, beschloss ich, Zucker zu kaufen. Es ist das einzige Beste Teil, das ich je besessen, und mitsamt Löffel kein Familienerbstück sondern eine Erinnerung an Warschau der 1980er Jahre. Verzichten wollte ich darauf aus irgendeinem Grund auf keinen Fall, ein Minimum an hirnloser Sentimentalität sei auch mir gegönnt.  Da sie nun da ist, muss sie gefüllt werden. Ich habe nichts mitgenommen, nur um es in den Schrank zu stellen. Da wir auf dem peace walk wir immer wieder Tee gereicht bekamen, Tee zum Ankommen in den Klöstern, Tee zum Frühstück, Tee zum Aufbrechen, zuckersüßen, brühendheißen Tee in Metallbechern, an denen ich mir regelmäßig die Lippen verbrannte, schlussfolgerte ich, dass in diesem Land kein Mangel an Zucker ist. Denn: je süßer der Tee, schien mir, desto wohlmeinender der ausschenkende Mönch.  Da ich seit Tagen vergeblich in mehreren Shop...

Ficus Religiosa L Moraceae

Ich habe meinen Lieblingsplatz für mein Morning Qigong gefunden. In der Nähe einer riesigen Ficus Religiosa L Moraceae - einer Pappel-Feige bzw. des heiligen Buddhabaums oder Bodhibaums , des Baums des Erwachens der Buddhisten, nicht der Erleuchtung! -, deren verschlungenen Stamm ich vorher dreimal umrunde und berühre. Auf der anderen Seite des Tempelhügels wurde bereits eine Ableger gepflanzt, geschützt von einer robusten Bambusabsperrung und mit einem Bewässerungsschlauch zu Füßen. Ich habe gelernt, dass hier Berge schneebedeckt sind. Alles andere sind Steigungen, Anhöhen, Hügel oder Wald. Der Schnee macht den Berg zum Berg nicht der Stein oder Fels. In Kathmandu geht es immer wieder auf und ab, aber die Stadt liegt im Tal. Und wenn die Leute über die kommenden Feiertage nach Hause fahren - sie kommen fast alle von weither, von einem Dorf in einer entlegenen Gegend, egal in welcher Himmelsrichtung -, sagen sie: "I'm out of the valley". Das bedeutet, dass sie per whats...

Selbstversorgung

Da meine japanische Ingwerreibe gänzlich unversehrt aus einem der Pakete wieder zum Vorschein kam, kaufte ich gestern ein prächtiges Exemplar von Ingwerwurzel. Rieb mir zu Hause ein Stück fein und übergoss es mit heißem Wasser und trank den ganzen Abend von dem bitteren Zeug. Heute kann ich merklich besser atmen.  Da ausgerechnet der "Schindelinschuh" (eines meiner Frühwerke) unterwegs aus dem Rahmen geraten ist, muss ich nun Hand anlegen und Schrauben aufdrehen. Werkzeug haben wir keines mitgenommen, aber W. bekam einst von der Gemeinde Gossau das größte Viktorinox geschenkt, das ich je gesehen und das er aus sentimentalen Gründen nicht zurücklassen wollte. Es steckt in einem Lederetui mit Klettverschluss, das er sich sogar an den Gürtel schnallen könnte, wäre er nicht ständig zu Luft unterwegs. Mit Sägeblättern diverser Größe, die als Waffen oder Brotmesser eingesetzt werden könnten, wenn hier Brot in Laiben angbeboten würde. Sowie einem Kreuzschlitzschraubendreher, der lei...

Feiertage

Meine vaterländische Pflicht habe ich gestern schon erfüllt: an der "Reception", die der deutsche Botschafter in Kathmandu anlässlich des "Day of German Unity" im Hyatt Regency gab, teilgenommen. Leider unter denkbar ungünstigen Vorzeichen. Erstens ging ein heftiger Regenschauer nieder, kurz bevor wir aufbrechen wollten. Der Strom fiel aus und das Internet war weg, inDrive nicht erreichbar. Als alles wieder floss, war kein Fahrer verfügbar. Erst nach längerem kam ein freundlicher Nepali, mit dem wir geduldig die Zeit von 18:08 bis 19:45 im Stau quer durch die Stadt verbrachten. Wir erreichten also die Reception, nachdem alle Reden bereits gehalten waren, und die Schlacht am Büffet in vollem Gange war. Es bot deutsche (Sauerkraut und Würste) und italienische (Nudeln tomatenrot oder sahneweiß) Kost an. Nicht prickelnd. Als Bhaltis bekamen alle auf den Nachhauseweg 2 Tüten Haribo, liebevoll mit einem schwarzrotgoldenen Bändelchen zusammengebunden. Aufgewacht bin ich mi...

Scherben

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Von den abholbereiten Dehaels habe ich nur 6 bekommen, W nur 8 - die anderen waren unauffindbar, dafür trugen die starken Männer 1 Paket in den 10. Stock, das gar nicht für uns bestimmt ist.  Meine Sendungen sehen einigermassen gesittet aus, wenn auch das eine, das wie von der Post schriftlich an den Absender (also an mich in Meldorf, wo ich seit 2 Wochen nicht mehr lebe) mitgeteilt, gemäß § 9a Luftsicherheitsgesetz geöffnet und bis auf die letzte Büroklammer und meine intimsten Aufzeichnungen über die Tide in der Meldorfer Buch durchwühlt worden ist. Never mind. Unser freundlicher Meldorfer Briefträger hat den Brief bei den Nachbarn abgegeben. Und der freundliche Nachbar hat sich von mir die Erlaubnis geholt, ihn öffnen und mir als scan elektronisch schicken zu dürfen. So war ich gefasst auf das Allerschlimmste. W. hingegen pflegte in Hamburg nie gute Nachbarschaften, so dass er nicht zeitnah unterrichtet wurde darüber, dass sämtliche seiner Pakete geöffnet, durchwühlt, bis i...

Himalajabülbül

Neuer Monat, neues Glück. Ich habe den Wald entdeckt, direkt bei mir um die Ecke, hinter der Japanischen Botschaft, im nördlichen Teil neben der Thailändischen. Den Ranibari Community Forest . Ab heute gehe ich dort im Morgengrauen laufen, meditieren, nachdenken, atmen, dem Himalajabülbül und tausend anderen Vögeln lauschen, dem Bambus beim Wachsen zusehen. Im 10. Stock ist es schwierig, Energien zu sammeln und gleichzeitig die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Auch das Trampolin erweist sich so nah dem Himmel mehr als halsbrecherisch.  Per heute sind 7 von meinen 9 und 8 von Ws 10 DeHaeL-parcels in KTM abholbereit. Wir brauchen 1 Van und 2 kräftige Männer. Und viel Geduld.