Schlüssel
Am Anfang hatten wir keinen Schlüssel zur Wohnung. Es gab nur einen mächtigen Riegel außen an der Tür, der mit einem Vorhängeschloss festgeklammert werden konnte, so dass die Tür zu war. Zu dem Schloss gab es ein einziges winziges Schlüsselchen. Wir kauften ein neues, etwas robusteres Vorhängeschloss und bekamen dazu 4 auch etwas robustere Schlüssel. Die Anzahl der Schlüssel änderte aber nichts an der Tatsache, dass, wenn eine(r) die Wohnung verließ und den Riegel von außen zuschob und die Tür mit dem Vorhängeschloss verrammelte, der oder die andere in der Wohnung gefangen war und sie nicht verlassen konnte. Die Wohnungstürflügel klappen von Natur aus auf, wenn sie nicht in irgendeiner Art und Weise daran gehindert, sprich verschlossen werden. Ich konnte unmöglich morgens in den Wald gehen, während W. noch schlief, und die Tür sperrangelweit offen stehen lassen.
Dann kam eines Tages die Vermieterin und hörte sich unsere Sorgen an. Sie zog einen klirrenden Schlüsselbund aus der Tasche und siehe da, einer, ein einziger passte tatsächlich in das eigentliche Türschloss. Nun konnte ich die Tür von außen mit dem Schlüssel verschließen, und W. bei Bedarf das Schloss von innen öffnen. Er war also nicht mehr auf Gedeih und Verderb mir ausgeliefert und eingesperrt. Im Gegenteil, er konnte weggehen, wann immer es ihm beliebte, und die Tür von außen mit dem Riegel und dem Vorhängeschloss verschließen, zu dem ich einen der 4 Schlüssel immer bei mir trug. Wir waren also mehr oder minder selbstständig. Umständlich war es trotzdem, dieses Kommen und Gehen mit oder ohne Riegel.
Heute machte ich mich nach dem Morgenqigong im Ranibariforest auf zum Key House Rumba, zu dem mir googlemaps freundlicherweise den Weg wies. Ich wollte nach Dashain endlich einen zweiten Schlüssel anfertigen lassen. Der junge Mann sprang bereitwillig auf und setzte sich an seine Maschine, klopfte und hämmerte kurz, schliff noch etwas nach und überreichte mir das Duplikat. Ich war etwas skeptisch (warum weiß ich nicht - vielleicht ging es mir zu schnell und zu glatt?), und tatsächlich funktionierte der neue Schlüssel an meiner Wohnungstür nicht. Ich konnte ihn zwar in das Schloss stecken, aber nicht drehen. Also lief ich den ganzen Weg wieder zurück.
Was macht ein nepalesischer locksmith? Er zieht anstandslos die 50 Rs Note, die ich ihm vor ungefähr eineinhalb Stunden gegeben hatte, aus seiner Schublade und überreicht sie mir gegen den falschen Schlüssel. All mein Fragen und Bitten hilft nichts, ob er das Duplikat noch etwas bearbeiten könnte, damit es vielleicht doch funktioniere. Nein, er verscheucht mich wortlos mit einer Handbewegung, mit der man eine lästige Fliege verscheucht.
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