Maha Astami und Mahanawami

Die Kathmandu Post klärt mich auf: heute feiern die Hindus im ganzen Land den achten und neunten Tag des Bada Dashain Festivals. Ich konnte die halbe Nacht nicht schlafen, weil ich Tage, Namen und Daten durcheinander brachte und immer wieder in Gedanken zum Neumond zurückkehrte und von vorne anfing zu zählen. Dass die Nepali nicht gut kopfrechnen können, ist uns schon aufgefallen. Dass alles vom Mond abhängt, auch. Den sehe ich nun schon bei Sonnenuntergang vor dem Fenster von links nach rechts wandern. Heute genau in der Hälfte durchgeschnitten. Die Nächte sind mittlerweile angenehm kühl und hoch im Zenit steht ein einziger Stern. Geweckt werde ich pünktlich von gurrenden Tauben. Riesige Raubvögel kreisen lautlos, aber erst im Laufe des Vormittags. Das ist der Vorteil eines 10. Stockwerks: wir können auf die Vögel hinunterblicken. Allmählich gewöhne ich mich an den Schwindel über dem alles verzehrenden Schlund.

Mein Nepali Calendar for Phone sagt mir an: Maha Astami, Kaal Ratri und Mahanawami. Im Ranibari Forest stehen festlich rot gekleidete Frauen Schlange vor dem Tempel. Sie tragen ihre Opfergaben in glänzenden Schalen, stolz. Die Männer den (Motorrad-)Helm, auch stolz.

Vielleicht ist es die Nacht, die den Tag in zwei (Feier-)Tage teilt. Die Nacht von Maha Astami gilt als Kaal Ratri - the Dark Night, die Schwarze Nacht. Um Mitternacht sollen 54 Büffel und 54 Ziegen rituell geschlachtet, das Blut den Göttern dargeboten, das Fleisch nach Hause genommen und als rasad oder prasad (food blessed by the Divine) zubereitet verzehrt werden. Danach beginnt vielleicht der neunte Tag - oder der läuft die ganze Zeit schon mit, auf einer zweiten Schiene, wie die Eisenbahn: Mahanawami oder Maha Navami - der große neunte Tag [nach Neumond, wie ich mir erkläre], der letzte Tag von Navaratri. Navaratri ist die neuntägige spirituelle Reise, die von Neumond zu Dashain führt. Jeden Tag wird eine der neun Inkarnationen der Göttin Durga angebetet, verehrt und beschenkt. Die Reise endet natürlich mit dem triumphalen Sieg des Guten über das Böse. Dashain kann beginnen, Fleisch darf wieder gegessen werden. Irgendwie macht das sogar für mich Sinn.

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