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Auszug

Das blog "In Lalitpur" endet nun. Wir sind nie mehr im Süden, in Lalitpur angekommen. Hin- und durchgefahren schon. Aber zu mehr reichte es nicht. Die Wege führten unweigerlich nach Norden. Und weiter geht es hier mit vielen wunderlichen Buchstabenbergen. Oder hier: https://fromgolfutar.blogspot.com/

Umzug

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Bei uns Sonne. Bei mir Umzug. Bei euch Advent. Hier beginnt der Mond seine neue Phase genau in der Mitte des Tages. Da steht Ihr gerade erst auf, aber der Mond ist an der selben Stelle angekommen wie hier.  Neumond in Kathmandu um 12:06 Uhr. Das schaffen wir easy . Um über den Ring zu kommen. Die Ampel hat lange Phasen und wenn Polizisten den Verkehr regeln, dauert es meist länger. Man lebt hier entweder inside oder outside the Ring Road. Ab heute also außerhalb. An der frischen Luft. Der letzte Monat des Jahres beginnt mit dem neuen Mond, mit einer neuen location, einer neuen Sicht aus vielen unverstellten, sauber geputzten  Fenstern, einem nicht mehr vorläufigen Schreibtisch und einem Baum! Grün wie alles hier zu dieser Jahreszeit. Zum Schlafen kann ich mir eines der Zimmer aussuchen. Zum Nachdenken auch. Zum Arbeiten. Schreiben. Tun oder lassen. Noch bin ich allein in dem Haus in Hattigauda. Sobald ich ausgepackt habe und auch die Gedanken frisch sortiert sind, finde ich ei...

perfect timing

Besuch in Nr 34 mit einem Koffer voll Zerbrechlichem und Gefrorenem. Es wird geputzt und gehämmert, gestrichen. Der Gärtner ist da und pflanzt. Der Klempner ist da und kontrolliert. Die Vorhänge kommen aus der Reinigung und werden aufgehängt. Die Zimmer sind frisch gestrichen, die Betten aus den Arbeitszimmern verschwunden. Ich fülle das Gefrierfach mit 150 Mo:Mo's. Und drei Packungen Eis. Mein Nervenfutter. Es ist heiß und die Taxifahrer sind freundlich. Der letzte Tag des Monats. Die Verzweiflung hat sich gelegt und die Packroutine ist zurück. Ich mache meinen letzten Spaziergang die laute Lazimpat hinunter und wieder hinauf. Ich lasse eine neue Batterie in meine Armbanduhr einsetzen und kaufe einen Wasserkocher. Zu Hause stellt sich heraus, dass die Uhr falsch gestellt ist (aber läuft) und der Wasserkocher eine dicke Beule hat (aber funktioniert). Never mind. Nur das Gas am Herd schwächelt und geht ganz aus, gerade als mein Abendessen (fast) fertig zubereitet ist. Die Flasche is...

Freitag

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Ich konnte nicht schlafen. Hab die halbe Nacht gepackt. Nicht wirklich. Aber in Gedanken. Dann bin ich um 06:25 aufgewacht und in Panik aus dem Bett gesprungen, weil um 06:45 mein Qigong-livestream beginnen sollte, mein vietnamesischer Thay aus Kalifornien in mein Wohnzimmer in Panipokhari (zum letzten Mal) treten und zu mir sprechen wollte. Well-Being Week 7! Aber da war nix. Stille im Äther und Löcher im Netz. Ein dankendes Sorry: Because of Thanksgiving and some reason, we are sorry that we will cancel Class today. So bin ich also wie immer am kühlen Morgen in den Wald marschiert . Und habe danach zwei Zimmer leergepackt und vor Sonnenuntergang nochmals 100 Mo:Mo's besorgt. Weil ich den Mo:Mo-Mann in Zukunft nicht mehr um die Ecke habe und in der Nummer 34 der Kühlschrank bereits eingeschaltet ist. Unterwegs durfte ich den geputzten, glänzenden, frisch polierten und lackierten Kumari Kunj Tempel bewundern und die goldene Glocke schlagen. Alles wird gut, schreibt W. aus der Water...

Donnerstag

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Ich zähle die Tage hinunter. Und nehme jetzt schon Abschied von meinem Wald und meinen Affen. Die haben sich in den letzten zwei Monaten erfreulich vermehrt. Kürzlich absolvierten sie Kletterschule, lernten Disziplin und Gehorsam. Zur Belohnung gab es Baumwipfelschaukeln. Einerkolonnentraben. Sie betrachteten mich alle skeptisch, vom Kleinsten bis zum Größten, zogen dann aber ihrer Wege durch die Bäume. Das Packen ist bodenständiger. Es strengt mich körperlich und mental an. Der Magen rebelliert. Alles wie gehabt. Aber das waren andere Zeiten, andere Dimensionen. Jetzt habe ich den Vorteil, dass ich nicht auf das Gewicht achten muss, keine Waage brauche (die ich eh nicht habe) und alle verfügbaren Behältnisse füllen kann. Die adretten bookboxes sehen zum Heulen aus. Ich stopfe unsere Wanderrucksäcke voll. Und zum Glück habe ich die Schlafsäcke mitgenommen. Die ersten Nächte werde ich campieren und im nächsten Sommer auf dem Dach schlafen! Das versprech ich Euch! Ich brauche nur ein Mos...

34

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Im Aufwachen sehe ich den liegenden Fingernagelmond am Himmel. Abnehmend. Später am Morgen, da ist die Sonne schon aufgegangen, unterschreiben wir den Vertrag für die Nr. 34. Vierunddreißig ist zweimal siebzehn (34 = 2 x 17). Und die 17 ist die neue Glückszahl. Manche Dinge gehen hier so schnell, dass der Kopf nicht mitkommt. Die Hände aber schon. Ich packe! Ziehe uns zum nächsten Neumond um, da W. morgen verreist. Ich besorge sticky tape, 2 Rollen, und verklebe die verbliebenen lädierten Bookboxes. Soweit es geht. Und rede ihnen gut zu, mir noch einen letzten Gefallen zu tun. Einen Transport, gute 4 Kilometer, 10 Minuten ohne, das Doppelte mit Stau vor der Ampel am Ring auszuhalten.

Hattigauda

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Andere Wörter. Andere Orte. Andere Menschen. Von Dhapasi Height weiter nach Norden zum Chandeswori Tempel, Phulbari, die Hügel hoch, es ist sandig und diesig, die Sicht schlecht, die Luft schlecht, heiß am Mittag. Wir husten auch in der Höhe. Dann wieder hinunter, durch Tokha und an vielen anderen, kleinen Tempeln vorbei. Überall ein Gewusel von Menschen und Shops und Mopeds. Bis wir in Hattigauda finden, was wir gar nicht gesucht haben: das Eckhaus Nr 34!

fassungslos

Ein schwieriger Montag voller Zerwürfnisse. Unschlüssigkeiten. Fragen ohne Antworten. Die Bäuerinnen vor dem Ranibariforest verkaufen Erdbeeren. In beiden Fahrstühlen und außen an den Parkplätzen hängen seit ein paar Tagen Zettel nur in Nepali. Das einzige, was ich entziffern kann, ist das Datum: 30.9.2059. Das bringt mich nun vollends aus der Fassung.  Ich fotografiere und frage S., unseren Mann für alle Probleme des täglichen Lebens, höflich an, ob das, was auf dem Zettel steht, vielleicht auch uns betrifft: it's prohibited to throw any garbage out of the windows . Na bitte. Tatsächlich liegt jeden Morgen allerhand herum, wenn ich aus der Tür trete.  Nach dem Datum habe ich vergessen zu fragen.

Zauberzeitenwörter

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Eines könnte Tokha sein. Ein anderes ist Sailung. Und Dhading. Zweisilbig kommen und gehen sie. Ungefragt. Wie Träume. Letzte Nacht, genauer: heute früh im Morgengrauen, also in der Zeit zwischen Nacht und Tag, war ich schon wieder am Räumen. Oder Packen. In einem Zimmer mit einer riesigen, langen, runden Fensterfront. Es gab keine Ecken und kein Ende. Heute geht die Sonne um 17:08 unter und das bleibt so bis zum Ende des Monats, ja bis weit in den Dezember hinein. Früher geht sie nicht mehr unter, sondern bereits ab dem 9. Dezember jeden Tag wieder später. Warum das so ist, kann mir niemand erklären. Oder die Zeitgleichung ? Weil die Sonne aber weiterhin jeden Tag später aufgeht, nimmt die Tageslänge trotzdem kontinuierlich ab. Wie es sich gehört. Bis zur Wintersonnenwende.

Spurwechsel

Eigentlich Farbwechsel. Von Schwarz wie Teer zu Rot wie Erdbeere. Die Erdbeerernte beginnt. Auch in Japan war die Hochzeit der Erdbeeren mitten im Winter. Wir haben aber hier noch keinen Winter, sondern sonnige, warme Tage. Im Ranibariforest wurde sauber gemacht, so etwas wie Frühlingsputz. Rund um die mächtige Ficus Religiosa wurden alle verblassten und aus den Rahmen gefallenen Bilder, Tücher, Bänder,  Scherben entfernt, auch das Dartbrett, das dort am Stacheldraht hing, seit ich (hier) denken kann. Den Porpa Ajima Tempel putzten mehrere Frauen mehrere Tage lang mit mehreren Eimern, Besen, Lappen in Gummistiefeln, frühmorgens warm eingepackt mit Kopftuch, Mundschutz und Handschuhen.

Geräusche

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Ich kann nun unterscheiden, ob Mopeds hinter mir her gefahren kommen, Schul- oder andere Busse, elegante Privatkarren oder ein altmodisches Teerwägelchen. Ich weiß nun, wo der Teer wie aufbereitet wird, in welche bislang sandigen und steinigen Gässchen er auf welche Art und Weise ausgekippt und festgewalzt wird. Und wie sich Anwohner und Shutterstorebesitzer freuen über den neuen Straßenbelag und zu ihren Füßen.  W. sagte kürzlich, bis in zehn Jahren würde sich die Stadt grundlegend verändert haben. Ich bezweifelte das. Er hat Vergleichsmöglicheiten im Kopf. Ich nicht. Ich habe anderes im Kopf. Seit ich aber das Tempo bei den Straßenarbeiten nur in meinem täglichen Laufradius vor Augen habe, fange ich an, nachzudenken. Vielleicht werde ich ihm in naher Zukunft Recht geben müssen. Bäume allerdings, auch verdorrte, werden, wo immer möglich, verschont von dem zähflüssig kochenden pechschwarzen Gemisch. Und in Ruhe gelassen. Auch Ziegelsteinhaufen.

Die Ampel

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Nein, nicht die Deutsche, nicht die Politische. Sondern die Wahre. Die vor Blue Moon - dem Blauen Mond! Zu meinem Lieblingssupermarkt gelange ich nur, wenn ich einmal eine verkehrsreiche Magistrale überquere. Direkt vor dem Laden ist ein Zebrastreifen - der erleichtert aber nicht das Hinüberkommen und ich habe ihn selten benutzt. Ich vertraue meiner eigenen Strategie. Ausschau halten und bei der nächstbesten Gelegenheit losmarschieren. Das hat mich bisher vor jedem Übel bewahrt.  Es gibt nicht viele Verkehrsampeln in Kathmandu. Und von den wenigen, die ich gesehen habe, sind die meisten nicht in Betrieb. Seit gestern nun steht am Zebrastreifen, der direkt zum Blue Moon führt, eine funktionierende Fußgängerampel. Mit Sekundenanzeige. Rot wird die Zeit heruntergezählt, die wir wartend am Straßenrand verbringen müssen. Bis das Grün den Weg frei macht. Von wegen Weg frei!

Schwarzmilane

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Die Greifvögel, auf die wir aus dem 10. Stock herabsehen, wenn sie am Vormittag hungrig ihre Kreise drehen, sind Schwarzmilane. Das hat W. in einer Fieberpause herausgefunden. Und die häufigsten Vögel in Kathmandu sind - wen wundert's: die Tauben, danach kommen die Spatzen und an dritter Stelle die Krähen. Die Schwarzmilane sind gesellig und menschenscheu, fliegen in Schwärmen, sollen auch stimmbegabt sein und vor allem: Nahrungsgeneralisten!

Lieblinge

Ich habe einen Lieblingssupermarkt, eine Lieblingsgemüsefrau und einen Lieblingsgemüsemann (spielt Gitarre und singt, wenn keine Kundschaft da ist oder Kundschaft da ist, die keine ist, sondern sich bei ihm zum Plaudern trifft), einen Lieblingsfrüchteverkäufer, meine ganze Lieblingsaffenbande im Ranibariforest und nun auch meinen Lieblingsapotheker. Er hat mir schon mehrmals aus der Patsche geholfen. Und seine Frau steht auf dem Tresen, wenn sie etwas aus den oberen Regalen braucht. Da ich schon morgens um 7 kaum atmen kann auf der lauten Lazimpat, gab er mir gestern etwas gegen das Kratzen im Hals und 5 Allergietabletten. Für 5 Tage. Er schnitt den Blister zurecht. Einzelne Tabletten habe ich in meinem bisherigen Leben nur für meine Kater bei der Tierärztin in Nindorf bekommen. Der eine war auch ein Allergiker, der andere ein Neurotiker und beide Sensibelchen, denen ich nur mit größter List die verschriebenen Medikamente in den Rachen schmeißen konnte. In Nindorf hatte niemand die Kat...

Winter

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Für die Nepali ist schon lange Winter. Sie tragen Mützen und Schals. Für uns wird es allmählich ungemütlich am Abend. Tagsüber ist Sommer. Zum Essen gestern abend wurde uns nun schon zum zweiten Mal warmes Wasser serviert. Meine Hände freuten sich! Zum Glück zog ich zu Hause die Lederjacke aus dem Schrank. Alle Gäste sitzen in Mänteln am Tisch. Auch das Personal ist warm angezogen. Es gibt keine Fenster, die man schließen könnte. Auch bei privaten Besuchen legt man Jacken, Mäntel, Mützen und Schals nicht ab. Man weiß gar nicht, wohin damit. Es ist wie in Tsukuba: nirgends gibt es Kleiderhaken. Auch in unserem 10. Stock nicht. Den zweiten Kleiderschrank musste ich mir hart erkämpfen. Die Straßenhunde aber bekommen eine Decke! Und schlafen, wann immer es möglich ist - also tagsüber! -, in der Sonne. Ungeplant ist heute Feiertag. Halbmastbeflaggung, Staatsbegräbnis (open-air cremation in Pashupati Aryaghat) des gestern verstorbenen Daman Nath Dhungana, eines Wegbereiters der Demokratie in...

Brinzauls

Noch ein bisschen andere, unheile Welt - für alle, die denken, Schreckensnachrichten, die im Sekundentakt rund um den Globus laufen, würden uns hier, aus welchem Grund auch immer, nicht erreichen. Brienz / Brinzauls wird heute erneut evakuiert, die noch im Dorf Lebenden (es sind etwa so viele, wie auf Hallig Hooge) müssen ihr Zuhause bis 13 Uhr Schweizer Zeit verlassen haben. Da ist bei uns bereits die Sonne untergegangen. Und wir sind auf dem Weg ins Pho 99 (sorry, wenn unpassend, aber wir haben etwas zu feiern: den zweiten 17.). Das bündnerische Brienz unter dem Piz Linard wurde schon letztes Jahr im Mai geräumt von Mensch und Tier. Damals kam der Rutsch in der Nacht vom 15. auf den 16. Juni - und verschonte, dank der Fürsprache des Heiligen Calixtus, das Dorf. Jetzt, heißt es, könnte es schlimmer werden. Je nach Wetter. Obwohl immer noch die Unwahrscheinlichkeitsvermutung gilt. Die Leere im Dorf dürfte Monate dauern, den ganzen kalten Winter lang. Ob wieder nur die Kirchturmuhr zu ...

Mond

Der zweite Monat ist um. Der Mond wird bei uns wieder erst nach Mitternacht voll. Und dann kommen die Morgennebel, die sich aber bald auflösen. Noch immer kein Herbstgefühl. Noch immer Tage voller Sonne. Ich wage mich an meine Haare.

Wasser

Auf dem Hinweg in den Wald lag die Katze noch da, auf dem Rückweg war sie weg. Und der unappetitliche Fleck mit Wasser weggespült. Mit Wasser wird viel hantiert. Auch die geschlossenen Shutters werden von außen abgespritzt, ehe sie aufgerollt werden. Mehr oder weniger erfolgreich. Kürzlich bekam ich fast einen Eimer voll ab, als ich früh um die Ecke bog und der Besitzer des Tierfutterbedarfsladens am Putzen war. Er schmetterte gerade mit Verve einen Eimer Wasser an seinen Rolladen. Er war sichtlich peinlich berührt und ich beruhigte ihn lächelnd. Nix passiert. Auch die Stadt schickt ihre Mitarbeiter mit Wassersprengern los, damit staubige Straßen und Gehwege gewaschen werden. Damit soll der Luftverschmutzung entgegengewirkt werden, die gerade massiv zunimmt, angeblich weil es zu wenig regnet, weil die Winde ungünstig wehen und die Bauern in Indien ihre Stoppelfelder abbrennen, damit sie neue Saat ausbringen können. Auch in Kathmandu - Metropolitan City! - wird in jedem Hinterhof alles ...

Katze

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Es gibt viel mehr Hunde als Katzen. Oder ich sehe nur die Hunde, weil die ständig unterwegs sind, überall herumlaufen, sogar die laute Lazimpat gehört ihnen. Oder sie liegen erschöpft im Schatten. Und bellen nächtelang. Und die Katzen? Verkriechen sich. Seit gestern liegt eine junge tote Katze mitten auf der Straße, auf meinem morgendlichen Weg zum Ranibariforest. Die Hunde beschnüffeln sie, wenden sich aber gelangweilt oder angewidert ab. Ich verstehe weder die Tiere noch die Menschen in diesem Land. Letztere hocken vor ihren Häusern am Straßenrand und gucken, plaudern, lachen. Putzen vor ihrer Haustür. Stören sich aber nicht an der toten Katze. Die liegt im Niemandsland.

Schuhe

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Mittwoch, der Dreizehnte! Und ich habe den ersten richtigen Schuhmacher gefunden. In meiner Laufnähe. Der macht Schuhe und liefert frei Haus. Das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Ob er aber beispielsweise auch meine Think's reparieren kann, wird sich zeigen müssen. Wenn ich soweit gelaufen sein werde, dass sie neue Sohlen brauchen.

Abfuhr

Ich stelle keine Vergleiche an. Schütte keine Häme aus. Es ist hier wie überall, nur sehr viel angenehmer. Die Leute sind freundlich, die Tage hell, die Temperaturen gemäßigt. Niemand missgönnt hier irgendjemandem irgendetwas. Die Frauen tragen alle dichtes, schwarzes hüftlanges Haar. Nur ich bin grau- und kurzhaarig. Nur meine Haare können zu Berge stehen. Ich bin nun im Besitz von zwei weiteren Kalendern. Nach Nepal Sambat, Bikram Sambat, Anno Domini nun auch noch Meldorfer Abfuhrkalender in doppelter Ausführung. Für zwei Straßenzüge. Zeitmesser. Zeitfresser. Zeitvergeuder. Zeitschleuder. Auf billiges, dünnes, durchscheinendes Papier gedruckt. Die AWD (Abfallwirtschaft Dithmarschen) bestand darauf, dass ich meine aktuelle Adresse mitteile. Die brauche sie für die Schlussrechnungen. Ich hatte zwei Verträge, da ich zwei Haushälften eines einzigen Hauses besaß, deren Eingänge auf verschiedene Straßen hinauslaufen. Die Schlussrechnungen könnten nur per Briefpost versandt werden, bekam ic...

Kunz

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Hinz und Kunz. Kleiner Spaziergang am Nachmittag im Grünen. Kaffee im Café Kunz. Sonnenschein. Keine Gans, kein Nebel, kein Umzug. Irrlichtern hatten wir schon zur Genüge. Jetzt ist Frühling angesagt. Wir machen das erste (private) Selfie!

Kreuzworträtsel

Das Leben ist kein Kreuzworträtsel. Kein symmetrisches Gitter mit magischen Quadraten, in die nur ein richtiger Buchstabe passt. Nein, das Leben ist ein Rätsel ohne Kreuz! Und wer immer noch Fragen stellt und wissen will, warum wir - W. und ich - gerade sind, wo wir sind und tun, was wir tun, mag den Papst in Rom oder den lieben Gott fragen, das Auge des Himmels, Surya oder Savitri, den Gott der frühen Morgensonne. Buddha, Laxmi oder Mister Wynnes Opa!

Dhindo

Frühes Mittagessen am Lakuri Bhanjyang. Wir besichtigen mit Lhakpa Phuti unbebautes Land und stiefeln in steilen Hängen herum. Auf knapp 2000 MüM. Stiefeln ist selbstredend ein Euphemismus. Sie in Slippers, wie alle in diesem Land, auch die Arbeiter auf dem Gerüst vor meinem provisorischen Schreibtisch, ich in Think!s ("The soul becomes dyed with the colour of its thoughts ... we Think!"), S. im letzten Schrei von Geländelaufschuhen (oä). Die andern beiden bleiben auf halber Höhe beim Car. Wir gucken auf den Nachbarhügel, der bereits abgerodet und bebaut ist mit einem Yoga-Resort (oä) und zur Strafe beim letzten Unwetter argen Schaden genommen hat. Der Weg hierher war sehr wackelig, eng, sandig, steinig, rutschig. Mit Landrover und Allradantrieb und einem perfect driver ! Die Erde tritt an allen landslides ockergelb zutage. Die Straße wurde nach den katastrophalen Regenfällen behelfsmäßig geräumt und befestigt. Es kommen uns wenige Mopeds entgegen. Die Sicht ist nicht gut. ...

DST

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Ich bin eine Stunde zu früh aufgestanden. Es ist mir entfallen, oder hatte gar nie Platz in meinem Hirn genommen, dass auch in Kalifornien die DST (Daylight Saving Time) kürzlich zu Ende gegangen ist und ich mich also von meinem Thay im Deer Park Monastery um eine weitere Stunde entfernt habe. Oder umgekehrt. Er beginnt den lifestream mit seinem gestrigen Spät-Nachmittags-Qigong nach der PST (Pacific Standard Time) und bei mir im zehnten Stock herrscht unverändert die Nepalesische Zeit. Die einzig Verlässliche. Am Bagmati flößen derweil Hindufrauen der aufgehenden Sonne arghya (curd and water) ein, singen das Gayathri Mantra und gehen spirituell und physisch gestärkt wieder nach Hause. Auf meinem Nachmittagsspaziergang komme ich endlich - dank googlemaps, meinem starren Blick und den sturen Schritten - schnurstraks von Süden vor mein bewachtes Tor. Auf einem engen Durchgang zwischen Häusern, Gärten und hohen Mauern, die einen das Fürchten lernen könnten. Aber ich sehe die Twin- bzw Tri...

Chhath Parba

Ich erledige Pendenzen, arbeite helvetische Altlasten ab.  Es ist schon wieder Feiertag, Chhath Parba oder Dala Puja. Chhath ist der sechste Tag - nach Tihar, nach Divali, nach dem Lichterfest. Deshalb rauschen manche Fassaden bis heute immer noch im Lichtermeer. Heute wird die Sonne, am Abend der Sonnenuntergang und Chhathi Maiya verehrt. Mit arghya. Morgen früh der Sonnenaufgang. Der Feiertag dient der Reinigung, der spirituellen wie der körperlichen, und wird deshalb vorzugsweise an Flüssen, in Kathmandu am Bagmatiufer gefeiert. Ich reinige meine elekronischen Geräte von Wattenmeerbildern und erneuere alle Passwörter. 

Swimmingpool

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Es ist wieder heiß geworden. Und ich bin immer noch auf der Suche nach einem Hinterausgang aus unserem Twintower Komplex. Dabei entdeckte ich heute Mittag hinter Block A den Swimmingpool (leer!) mit pool rules (von wegen, dass ich hier nicht schwimmen kann!), und den Fitnessraum (verstaubte Geräte, seit langem nicht benützt). Das scheint zur Standardausrüstung solcher Wohnanlagen zu gehören. Weil ich keinen anderen Ausweg finde, laufe wieder durch den Haupteingang wieder in Richtung der wieder lauten Lazimpat hinaus, lasse mir wieder von den guards ( namaste, have a nice day ) Tür und Tor öffnen. Postalisch würden wir an derselben Straße wie der Prime Minister, Chief Justice und Speaker of Parliament wohnen, wenn hier irgendjemand Straßennamen zur Orientierung nutzen würde. Ich weiß wirklich nicht, wie die Fahrer von InDrive oder Foodmandu uns finden. Aber sie kommen zuverlässig immer irgendwann vor dem richtigen Tor an, vor der richtigen Tür.

Rangoli

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Langsam kommt wieder Normalität auf, das Glitzern und Leuchten verebbt. Die Nacht war ruhiger. Am Morgen nimmt der Verkehr zu und bis zum Mittag die Luftqualität ab. Der Regen der letzten Nacht hat die meisten Rangoli weggewaschen, in unserem Hausflur übernehmen die cleaning ladies diese Aufgabe, denn da regnet es defintiv nicht rein. Die Tonscherben der ausgebrannten Kerzenschalen fegten entweder die Hausbesitzer oder die Müllmänner weg und alles was essbar war, Reis, Kekse, Bananen kam den Tieren zugute. Rangoli - jetzt wo alles vorbei ist, lerne ich Wörter. Das Wort Rangoli kommt aus dem Sanskrit rangavalli , und besteht aus ranga für Farbe und avalli für Streifen, Linien. Die "Hauptzutat" für das wunderbare Zeichen am Boden, vor den Hauseingängen, auf den Straßen ist die Vergänglichkeit. Man soll Buntes mischen: Sand, Kalkstein, Getreide- oder Gewürzpulver, pasupu, sindooram, zerstampfte Blüten, Blätter usw. Möglichst bunt, denn so mag es die Göttin Laxmi, die in den l...

Tritiya

Es ist immer noch Feiertag. Oder schon wieder. Oder ein neuer. Oder alles zusammen. Jedenfalls ist die Lazimpat leergefegt und die Ampel vor der Botschaft der UAE steht auf Dauergrün. Es ist der dritte Tag nach Neumond. Shukla Paksha Tritiya.  Dieser dritte Tag kommt zweimal in jedem Monat vor, wie andere Tage auch. Einmal bei zunehmendem Mond, also heute. Und einmal bei abnehmendem Mond, also später, ungefähr in zwei Wochen. Am dritten Tag nach Vollmond. Krishna Paksha Tritiya.  Und um hier größtmögliche Verwirrung zu stiften, habe ich nachgeschlagen in der Tritiya Date List 2024 und herausgefunden, dass die heutige Tritiya gestern um 10:05 pm begonnen hat und heute Nacht, kurz vor Mitternacht, genau um 11:24 pm endet. In Indien. Ob das auch für Nepal gilt, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht ist bei mir im 10. Stock alles um 15 Minuten nach vorne verschoben. Also 10:20 pm - 11:39 pm. Passt auch noch gerade so in meinen 4.11.

Bhai Tika

Der fünfte und letzte Tag von Tihar. Nochmals ein wichtigster Haupt-Abschluss-Feiertag. Jedenfalls ist heute alles geschlossen. Nur die Arbeiter am dritten Turm vor meinem Fenstern hämmern und lärmen den ganzen Tag. Ich muss nicht alles verstehen in diesem Land. Am Nachmittag regnet es ein bisschen. Und früh, auf dem Weg in den Ranibariforest, riecht es nach Herbst, da während der Feiertage nicht so viele Abgase produzierende Gefährte unterwegs sind. Geschwister, Brüder und Schwestern feiern heute ihre Verbundenheit. Die Schwestern singen heilige Mantras und verehren ihre Brüder, indem sie ihnen das oder die Tika auf die Stirn malen. Das heilige Zeichen setzen. Und ihnen Wohlergehen wünschen. Wenn es den Brüdern gut geht, geht es auch den Schwestern gut, denn die genießen deren uneingeschränkten Schutz. So ist das hier. Und wer keine Schwester hat, geht in den Balgopaleshwar Tempel in Rani Pokhari und bekommt auch seinen Segen. Und sein Glück. Und ich habe endlich begriffen, welche Rol...

Goruh Tihar

Der vierte Tag von Tihar. Oder Divali. Nach meinem Nepali Calendar Patro: Nepal Sambat 1145 Starts. Gleichzeitig sind wir im Bikram Sambat 2081, kartik 17. Und Anno Domini 2024, 2. November. Allerseelen. Die Newari führen heute die Maha Puja durch, Neuanfang, Selbstanbetung und Reinigung der Seele. Andere beten die Ochsen an. Und die Berge. Manche sagen, das alles sei schon gestern gewesen. Aber heute früh im Wald hörte ich eine einsame Kuh muhen. Vielleicht eine vergessene von gestern, die sich nach ihren Artgenossen sehnte oder gemolken werden möchte. Das Muhen kam aus der Richtung der Polizeihundeschule, wo sonst am Morgen immer Dutzende Polzeihundeschüler herumkläffen. Wahrscheinlich beim Morgenappell, vor dem Fressnapf.  Die Berge! Einige Hindus führen heute die Govardhan-Puja durch - ein Ritual für den Berg Govardhan, der den Sieg von Lord Krishna über Lord Indra symbolisiert. So etwas wie die Arche Noah. Lord Indra ließ die Heimat von Lord Krishna überfluten (warum weiß ich ...

Gai Tihar

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Neumond und Gai Tihar, die Hauptfeiertagsnacht. Die Feuerwerke hatten wir schon letzte Nacht. Die Newaris feiern den Beginn des Jahres Nepal Sambat 1145 - oder erstmal das Ende von 1144. So etwas wie Silvester. Diese sogenannte Nepal Era ist seit 2007 wieder einer der drei offiziellen Kalender des Landes, davor war er genau 888 Jahre lang, nämlich von 881 bis 1769 unserer Zeitrechnung, der einzig Gültige und Verpflichtende. Als der Gorkha König Prithvi Narayan Shah die Herrschaft übernahm, führte er natürlich auch eine andere Zeit und einen anderen Kalender ein: Shaka Samabat. Und morgen beginnen die Newari das Jahr 1145 (was, wenn ich richtig rechne, fast aufgeht: 888 bis 1769, seither sind 255 Jahre vergangen - oder auch ein bisschen mehr, da der Lauf der Zeit dem zaudernden Mond unterworfen ist = also sind wir um das Jahr 1143/1144 angekommen). Zugegeben: es ist reichlich kompliziert! Aber hell und glitzernd. Aufregend. Wir sehen Kathmandu illuminated with an array of vib...

Kukur Tihar

Zweiter Tag von Tihar. Kukur Tihar. Anbetung der Hunde. In der Stadt leben viele Hunde, Straßenhunde. Polizeihunde . Streunende Hunde. Treue Hunde. Schlafende Hunde. Satte Hunde. Ich habe noch keinen hungrigen Hund und noch keinen bösen Hund gesehen, wurde aber vor einiger Zeit auf einem meiner Spaziergänge von zwei ängstlichen Mädchen in einer staubigen Gasse gebeten, dass ich - ich? ausgerechnet ich? - ihnen Geleitschutz gebe, denn da vorne um die Ecke seien Hunde, vor denen sie sich fürchten. Ich versuchte die Schwarzhaarigen und Schwarzäugigen kleinen Schönheiten zu beruhigen, wie S. mich immer beruhigt: don't worry, nothing happens . Wir kamen dann tatsächlich an einem Rudel gut erzogener Hunde vorbei, die träge im Schatten lagen und sich nicht im Geringsten für uns interessierten. Die Mädchen bedankten sich artig und sprangen erleichtert davon.  In unseren Twintowers leben Haushunde, die sich stundenlang von Block A nach Block B, von der 12. Etage in die 6. oder 7. kläffend u...

Kaag Tihar

Schon wieder Feiertag. Eine ganze Serie von Feiertagen steht uns bevor! Heute der erste Tag von Tihar, dem Lichterfest. Und das FrauenFußballFinale. Nepal gegen Bangladesh. Wieder im Dasharat Stadion. Wieder in Kathmandu. Ausverkauft. Ich hätte mich frühmorgens in die Schlange einreihen können. Aber ich ziehe das Sofa vor. Zum ersten Mal in meinem Leben gucke ich ein Frauenfußballspiel in voller Länge. Auf Kantipur-TV. Auf dem Smartphone. Beine hochgelagert. W. in Pokhara auf dem Flughafen. Irgendwo in einer zugigen Ecke. Kürzlich kam er einen halben Tag (= eine ganze Nacht) verspätet an, heute eine halbe Nacht (= ein ganzes Frauenfußballfinale). Die nepalesische Torhüterin ("our flying goalkeeper") glänzt und patzt. Es reicht nicht für den Titel. 1:2 für Bangladesh. Heute also Kaag Tihar, der Tag der Krähen. Wer Krähen füttert und ihnen dankt, vermeidet Unglück, denn sie gelten als Boten des Todes. Vielleicht gilt das auch für Tauben. In unseren 12-stöckigen Twintowers wer...

Farbenfroh

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Die Vorbereitungen auf Tihar sind in vollem Gange. Die Stadt, die nie dunkel ist - außer bei flächendeckendem Stromausfall - glitzert und glänzt schon seit mehreren Nächten aufgeregt und kunterbunt. Ich kaufe auf dem Heimweg vom Morgenqigong Äpfel und Lotuspflaumen beim Geflügelschlachter. Alles Bio, wie ich zu Hause freudig entdecke. Am Nachmittag spaziere ich die laute Lazimpat (wäre das ein Alternativtitel für den blog?) hinunter und kaufe Nagellackentferner und einmal klassisch blutroten Nagellack. Endlich löse ich die letzten Spuren von der Meldorfer Bucht von meinen Zehen. Der nepalesische Nagellack ist effektiver und riecht angenehmer als alles, was ich bisher in meinem Leben benutzte.  Wie überhaupt die Welt hier erstaunlich wohlriechend ist. Auch habe ich noch nie Ende Oktober Zehennägel lackiert, weil dann wetterbedingt immer schon Wollsocken oder Regenstiefel angesagt waren. Hier laufe ich nach wie vor entweder barfuss oder in meinen elegantesten Sommersandalen (Vabene, ...

4:2

Wir sind immer noch auf Wohnungssuche, auch wenn das zuweilen aus dem Focus gerät. Wir sind im 10. Stock in Panipokhari nur übergangsweise. Für mich ist die Höhe oder die Tiefe unter mir immer noch gewöhnungsbedüftig. Die Taubengitter um die drei Balkone vermitteln keinerlei Gefühl von Sicherheit. Gestern also wieder einmal quer durch die Stadt nach Süden, nach Lalitpur. Wohnungen angucken. Die eine war über unseren Erwartungen, die andere darunter. Auf dem Hin und auf dem Rückweg standen wir lange im Stau, auch um das Dasharath-Stadion herum. Die Frauen - SAFF Woman's Championship oder South Asian Football Federation Women's Cup - spielten zwar noch nicht, trotzdem war das Gedränge beträchtlich. Und der Smog atemraubend. Wir werden nicht nach Lalitpur ziehen, wenn W. an der Gate ( Global Academy of Tourism and Hospitality Education )  arbeitet. Das ist die Erkenntnis des gestrigen Abends. Mit Husten. Und die des heutigen Morgens: ich muss den Titel des Blogs ändern!  Und die ...

Umstellung

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Quelle: n-tv.de Das bleibt uns fortan erspart: die Qual einer Umstellung. Die Zeiger einer analogen Uhr vor- oder nachrücken. Der Abstand zu Euch hat sich nun um eine Stunde vergrößert. Und wir erfreuen uns weiterhin eines unglaublich blauen Himmels.

Ausflug

Babermahal Revisited. Der Versuch eines Ausflugs. Zwei Ausstellungen in der Siddharta Art Gallery. Die Vergangene und die Ongoing. Dorjee Karmarong: Hidden Valley in the Himalayas - ist eigentlich am 21. zu Ende gegangen, hängt aber noch bis Ende des Monats in abgespeckter Form in einem separaten Raum. Für uns! Weil wir die Vernissage versäumt hatten. Sundar Sinkhval: SADHANA . Wurde vorgestern eröffnet, was wir auch verpasst haben. Der Künstler ist immer noch anwesend und seine Tochter führt uns durch die Bilder und Götter und Sagen.  

GPO

Das letzte Paket (ein Päckchen, M) und die erste Briefpost sind eingetroffen. Nach mehr als einem Monat also Normalität. Wir sind erreichbar, auch über traditionelle Wege. Ich lasse mir aber nie wieder etwas schicken, nicht einmal ein Geburtstagsgeschenk. Geschweige denn ein Weihnachtsgeschenk! Ich brauche nichts und der Gang zum GPO (General Post Office) erweist sich als zeitraubend. Pakete müssen abgeholt werden, auch Päckchen, egal ob S oder XXL. Wer die Briefe gebracht hat, weiß ich nicht. Ich bekam sie unten an der Pforte von einem der Security Officer überreicht. Für mich und für W. In einem der Briefe für mich steckt ein frankierter Antwortumschlag. Wo ich den dereinst ab- oder einliefern soll, bleibt ein Rätsel. Ansichtskarten sind noch unterwegs. Feriengrüße. Vom warmen September. Aus dem fernen Westen. Ich melde mich, wenn sie da sind.

GPS

Ich bin schon viele Wege gegangen. Und lande nur selten in Sackgassen. Aber nun meldet mein Smartphone, dass ich meine - oder seine? - mobilen Daten aufgebraucht habe. Ohne googlemaps bin ich draußen auf den Straßen verloren. Drinnen hab ich WLAN. Morgen endet mein deutscher Mobilfunkvertrag. Wieder eine Last (+ eine Nummer!) weniger. Ich lerne, was Sadhain On bedeutet. Always On(line)! Und wie ich das nächste 28-Tage-Paket auf meine nepalesische Nummer geladen bekomme. Easy per Überweisung von meinem nepalesischen Bankkonto. Manche Dinge sind hier viel einfacher als im Rest der Welt.

Umwege

Der Umweg zum Schlüssel - zur Einsicht, dass wir einen zweiten Schlüssel gar nicht brauchen - hat das Gesicht der Stadt verändert und mich aus meinem kühlen Morgentrott befreit. Die Ecke unter der Treppe am Eingang zum Ranibari Forest gleicht morgens um 7 einem wuseligen Markt im Schatten. Alte und junge Frauen, mit oder ohne Kind, mit oder ohne Hund, verkaufen ihr Gemüse und malen die Preise in den Sand. Dazwischen ein Motorrad, über und über behängt mit in Plastik eingepacktem Weißbrot. Weiß der Himmel, wer hier so etwas kauft, denke ich jeden Morgen, ehe ich die Stufen in Angriff nehme. Und der Medizinmann sitzt mit der Personenwaage und dem Blutdruckgerät auf seinem Schemelchen. Umgeben von unverschämt dicken, parkenden wo immer Platz ist, SUVs. Die lassen mich täglich aufs Neue raten, wo denn deren Fahrer sind. Im Wald natürlich! Drehen als jung gebliebene Manager ihre Morgenrunden mit dem Smartphone in der Hand. Das ersten meeting des Tages. Als ich also gestern rund drei Stunden...

Schlüssel

Am Anfang hatten wir keinen Schlüssel zur Wohnung. Es gab nur einen mächtigen Riegel außen an der Tür, der mit einem Vorhängeschloss festgeklammert werden konnte, so dass die Tür zu war. Zu dem Schloss gab es ein einziges winziges Schlüsselchen. Wir kauften ein neues, etwas robusteres Vorhängeschloss und bekamen dazu 4 auch etwas robustere Schlüssel. Die Anzahl der Schlüssel änderte aber nichts an der Tatsache, dass, wenn eine(r) die Wohnung verließ und den Riegel von außen zuschob und die Tür mit dem Vorhängeschloss verrammelte, der oder die andere in der Wohnung gefangen war und sie nicht verlassen konnte. Die Wohnungstürflügel klappen von Natur aus auf, wenn sie nicht in irgendeiner Art und Weise daran gehindert, sprich verschlossen werden. Ich konnte unmöglich morgens in den Wald gehen, während W. noch schlief, und die Tür sperrangelweit offen stehen lassen. Dann kam eines Tages die Vermieterin und hörte sich unsere Sorgen an. Sie zog einen klirrenden Schlüsselbund aus der Tasche u...

Pakete

Nun sind alle Pakete im 10. Stock aus dem Aufzug in die Wohnung gekommen. Schief und krumm, zerdrückt, zerrissen, verklebt. Erbärmlich anzusehen, aber angekommen! Fast alles unzerbrochen. Wieder packe ich Dinge aus, über die ich mich jetzt wundere, warum ich sie damals eingepackt habe. Manches war auch nur Füllmaterial. Statt mit alten Zeitungen, habe ich Zwischenräume mit Handtüchern oder Putzlappen gestopft. Ich freue mich wie ein Kind über die Desigual Blumen-Steppweste mit Kapuze. Und über die Postkartentasche aus dem MoMa. Beides hatte ich vollkommen vergessen. So schnell vergeht die Zeit. Noch haben wir tagsüber hochsommerliche Temperaturen und blauen Himmel. Der Mond steht am Vormittag kopfüber am Himmel. Beats FußimSchuh-Foto aus Sevilla '90 kommt unversehrt zum Vorschein! Nun fehlt nur noch das Geburtstagsgeschenk meiner ehemaligen Nachbarn. Ein kleines Päckchen, nichts im Vergleich zu unseren 20-kg-Bücherkisten. Wartet seit zwei Wochen in Frankfurt auf ein Flugticket. Auf...

Jangali Thute Kharayo

Sonntag. Arbeitstag. Wir wollten die restlichen Pakete bei der Post abholen. Aber W. ist mit einem halben Tag (= eine ganze Nacht) Verspätung aus Honkong zurückgekommen. Also Ruhetag. Mit Pfeifhase. Kürzlich war in der TKP zu lesen, dass zum ersten Mal in Nepal ein Forrest Pika, ein Forrest-Pfeifhase ( Ochotona forresti ) einem Wildlife photographer vor die Kamera lief. Und von dem natürlich sofort unwiderruflich ins Bild gebannt wurde. Das geschah vor etwa einem Monat in Sadakpur, im nördlichen Teil von Ilam in der Koshi Provinz an der Grenze zu Darjeeling. Etwa 600 Kilometer südöstlich von meinem Ranibari Forest. Ob der Pfeifhase, den die Nepali liebevoll (für mich trotzdem schwer memorierbar) Jangali Thute Kharayou nennen, es irgendwann bis in die Metropole schafft, ist mehr als fraglich. Der arme Hase mit den kleinen, runden Ohren steht auf der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN (International Union for Conservation of Nature). Der Bestand soll zwar akut nicht mehr vom Aussterb...

Der Schrank

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So einen Schrank hatte ich noch nie! Bescheiden, schlank, robust. Aus massivem Holz. Dunkel lackiert. Beste Handarbeit! Ich habe fast alles darin untergebracht (worauf ich ein bisschen stolz bin). Bis auf Skiunterwäsche, Wintermütze, Schlafsack und Trekkingrucksack. Diese (vorerst überflüssigen) Dinge könnte ich in einen der leeren Koffer packen und diesen Koffer oben auf den Schrank hieven. Aber das würde den Schrank entweihen und ihm die vornehme Würde nehmen.  Wie Ihr sehen könnt, hat der Schrank zwei Türen und ist abschließbar. Wozu, weiß ich nicht. In diesem Land gibt es keine Diebe. Wie Ihr nicht sehen könnt, sind im Innern hinter der linken Tür 4 Schubladen, hinter der rechten 2 Schubladen verborgen. Darüber ist die Stange zum Hängen angebracht. Hinter der rechten Tür hängen also an meinen neuen Holzkleiderbügeln längeren Sachen, wie Sommerkleider, Winter- und Regenmantel, hinter der linken Tür Blusen, Jacken, Hosen. So weit so gut. Das Problem - oder das Wunder? - des schli...

Wellbeing

Nun fängt das neue Leben an. Mein Thay bietet wieder livestreams an, führt mit Well-Being Qigong 13 Wochen durch den Winter. Er im Deer Park Monastery in Escondido, California. Alle andern irgendwo verstreut in der Welt. Ich in Panipokhari im 10. Stock. Er immer donnerstags, 5 pm PDT (Pacific Daylight Time). Ich immer freitags 05:45 am NPT. Der Start ist perfekt nach Dashain. Der Mond ist noch nicht untergegangen, die Sonne noch nicht aufgegangen! Ich habe (fast) nicht geschlafen. Week 1: Connect

Kojagrata Purnima

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Im Nepali Calendar beginnt heute ein neuer Monat: Kartik 1, Kojagrata Purnima, Katim Punhi; Kartik Snan, Aakash Dip Daan Aarambha. Vollmond und der fünfzehnte, letzte und heiligste, herrlichste Festtag von Dashain. Heute wacht die Göttin Laxmi über uns. Wer die ganze Vollmondnacht wach bleibt ( kojagrata soll wörtlich genau das meinen: wer wach ist) wird von Laxmi überschüttet (geduscht, gebadet) mit Wohlstand und Reichtum. Um nicht vorzeitig einzuschlafen, spielen meine Nachbarn die ganze Nacht Karten.  Ich werde mein Bett verrücken, denn heute kam in mein Zimmer ein Kleiderschrank und ich kann die ganze Nacht den letzten Koffer auspacken. Vorsorglich habe ich - mein neuer Wohlstand! - bei Daraz 36 Holzkleiderbügel bestellt. In Laufnähe fand ich nur Plastik. Vor genau einem Monat, am 17.9. sind wir kurz vor dem peak des letzten Vollmonds in Kathmandu gelandet, er nahm damals noch knappe 20 Stunden zu. Nun haben wir die beiden Mondphasen in diesem Land einmal durchlebt: zuerst die...

Chaturdashi

Der letzte Tag im Ashoj. 30 Ashoj Wednesday 2081. Chaturdashi. So steht es in meinem Kalender. Außerdem: Kojagrat Brat. Oder Kojagrat Vrata. Der Vierzehnte. Der Vorletzte im fünfzehntägigen Dashainfestival. Brat ist auch polnisch und heißt Bruder. Vrata eher südslavisch für Tor. Das Einfallstor. Auf dem Weg in den Wald kommt mir die ganze Affenbande entgegen. Frohlockend und schreiend jagen sie mit Kind und Kegel über die Dächer. Sie haben eben den Gemüsehändlerinnen ihr Frühstück abgenommen. Es ist nämlich heute auch World Food Day! Da hält sogar die Tageslosung mit: "Besser ein Gericht Kraut mit Liebe als ein gemästeter Ochse mit Hass" (Sprüche 15, 17).  Am Fuße der Treppe zum Eingang sitzt ein Mann mit einer Personenwaage und einem Blutdruckmessgerät. Er betreut die Nepali, die hier ihren Frühsport treiben. Auf der Waage habe ich noch niemanden gesehen, aber den Blutdruck lassen sich einige der Herren messen. Nach Acht packt die mobile Kriseninterventionsstelle ihre Gerä...

Trayodashi

Der Dreizehnte. Trayodashi. Klingt in meinen Ohren immer noch wie polnisch. Jetzt aber richtig: trzynaście (dreizehn) oder trzynastka (die Dreizehn). Ist trotzdem Sanskrit. Der dreizehnte Tag von Shukla Paksha, von der zunehmenden Mondphase. Kein Feiertag, jedenfalls kein richtiger, aber auch kein richtiger Arbeitstag. Die Straßen sind noch geräuscharm und die Luft am Morgen frisch. Fast fröstelt mich! Mein Gewährsmann S. vertröstet mich auf Freitag. Wir müssen die restlichen Pakete bei der Post abholen, aber: govt officers come back to work on Friday after holiday. Derweil laufe ich hier um die Ecke und kaufe 100 tiefgefrorene Momos. Nach den Feiertagen ist vor den Feiertagen. Sales from the shutter in our Panipokhari Outlet - als ich das entdeckte, war es bereits zu spät und der shutter (Rollladen) über Tage pulled down (geschlossen). 50 veg + 50 chicken. Damit es nicht zu eintönig wird und kleinere Packungen gibt es nicht. Jetzt darf nur der Strom nicht mehr allzu oft oder allz...

Dwadashi

Heute ist der zwölfte Tag. Auch wenn ich es nicht verstehe. Und immer noch Feiertag, himmlische Ruhe! Es ist der zwölfte Tag nach Neumond, jedenfalls in Nepal. Und es ist der 28. Tag nach unserer Abreise aus Europa. Also genau zwei 14-Tagestranchen. Irgendwie ist das schon richtig so. Ich schlafe viel, weil erst jetzt die Erschöpfung der letzten Monate ihr Recht fordert. Es wird früh dunkel, also lege ich mich früh ins Bett und stehe früh auf, laufe schnurstraks in den Wald, steige auf den Berg und gucke in den Himmel. Dwadashi erinnert mich an polnisch dwadzieścia - was aber zwanzig und nicht zwölf bedeutet. Dwadashi kommt wie fast alles hier aus dem Sanskrit und bezeichnet richtig den 12. Tag jeder Mondphase, also der Shukla Paksha und der Krishna Paksha. Das wissen wir schon. Seit gestern! Im Wald läuft ein ausgewachsener Affe herum. Vielleicht auch mehrere, aber bisher kam mir nur einer entgegen. Und der umarmte dann lachend einen uralten Baum.

Papankusha Ekadashi Brat

Der elfte Tag des vierzehntägigen hinduistischen Festtagsmarathons. Und warum nicht der zwölfte?  In meinem Kalender viele unverständliche Wörter. Papangkusha Ekadashi Brat, Annapurna Yatra, Asan. Chain. In der Früh zerdeppere ich ein Teeglas. Noch ohne Tee. Fege es mit einer unachtsamen Bewegung von der Anrichte. Kürzlich fiel mir ein Espressotassenuntertellerchen aus der Hand. Scherben dieser Art sind - im Gegensatz zu den verletzungssicher verpackten und verklebten Überresten deutschen Zollkontrollen - eine mittlere Katastrophe, da ich nicht weiß, wie sie zusammenfegen. Einen Staubsauger, den ich in meinem früheren Leben seufzend am Sonntagmorgen zur Hand genommen hätte, gibt es hier nicht. Und mit dem Besen, den meine cleaningladies mit bewundernswerter verve benützen, kann ich nicht umgehen. Nur gut, dass ich gerade allein auf bloßen Füßen durch die Wohnung tigere. Das Glas war eh überflüssig und das weiße Tellerchen, nun ja, passte auch nicht so richtig. Ich hatte zwei typisc...

Dashain ko Tika

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Ich versuche zu verstehen, was ich sehe, was ich höre, was ich lese. Ungefähr in dieser Reihenfolge. Heute geradezu gespenstische Ruhe und ein Leuchten überall! Es ist unglaublich, wie viel Schönheit hier an den unerwartetsten (kein schöner Superlativ, das gebe ich zu - aber so ist die deutsche Sprache) Orten und in den unerwartetsten (dito) Momenten in Erscheinung tritt. Sich manifestiert. Ohne Scham und ohne Kult. Einfach so. Voller Würde. Kürzlich trat meine Nachbarin auf dem 10. Stock aus der Tür und ich war sprachlos in meinem T-Shirt und einer ausgleierten Hose. So geblendet und verdattert, dass ich kein Wort herausbrachte. Ich hatte schon ihren Sohn oder Mann im Aufzug gesehen, der war wie alle und überall, in Eile und jeansblau. Aber die Frau! In meinem Kalender Bijayadashami (oder: Vijaya Dashami), Dashain ko Tika 2081, Devi Bisarjan. Die TKP (The Kathmandu Post) berichtet: "the Nepal Panchanga Nirnayak Bikas Samiti has declared 11:36 am as the ideal time for receiving ti...

Maha Astami und Mahanawami

Die Kathmandu Post klärt mich auf: heute feiern die Hindus im ganzen Land den achten und neunten Tag des Bada Dashain Festivals. Ich konnte die halbe Nacht nicht schlafen, weil ich Tage, Namen und Daten durcheinander brachte und immer wieder in Gedanken zum Neumond zurückkehrte und von vorne anfing zu zählen. Dass die Nepali nicht gut kopfrechnen können, ist uns schon aufgefallen. Dass alles vom Mond abhängt, auch. Den sehe ich nun schon bei Sonnenuntergang vor dem Fenster von links nach rechts wandern. Heute genau in der Hälfte durchgeschnitten. Die Nächte sind mittlerweile angenehm kühl und hoch im Zenit steht ein einziger Stern. Geweckt werde ich pünktlich von gurrenden Tauben. Riesige Raubvögel kreisen lautlos, aber erst im Laufe des Vormittags. Das ist der Vorteil eines 10. Stockwerks: wir können auf die Vögel hinunterblicken. Allmählich gewöhne ich mich an den Schwindel über dem alles verzehrenden Schlund. Mein Nepali Calendar for Phone sagt mir an: Maha Astami, Kaal Ratri und Ma...

Phulpati

Mein Kalender sagt: Phulpati, Nawapatrika Prabesh. Der siebente und zweitwichtigste Tag von Dashain. Nun nimmt das Festival spirituelle Fahrt auf und das öffentliche Leben kommt (fast ganz) zum Erliegen. Das Wort des Tages besteht aus der Blume ( phūl ) und dem Blatt ( pātī ). Gestern sah ich einen kleinen, dürren Mann mit riesigen Bananenbaumblättern, sie überragten ihn um mindestens das Doppelte, die er freudestrahlend vor sich her trug. Heute früh wird noch einmal der Müll eingesammelt. Im Ranibari Forest, im Porpa Ajima Tempel ist viel los. Man huldigt der Göttin Durga sowie ihrer achten Inkarnation, der Göttin Kalratri, die als Symbol der Macht gilt. Sie wird, davon sind alle hier im Wald mitten in Kathmandu überzeugt, die Welt aus der Finsternis ins Licht führen, Frieden und Wohlstand bringen.  Auf dem Heimweg nehme ich mir ein paar Rankeblumen vom Wegesrand mit. Kaum biege ich von einer Hauptstraße ab, fühle ich mich wie auf dem Dorf. Und da ist alles erlaubt.

Dunkelheiten

Mitten in der Nacht wache ich auf und sehe zum ersten Mal zu meinen Füßen eine dunkle Stadt. Endlich, denke ich, schlafen auch die Nepali. Aber natürlich irre ich. Die Aircondition über meinem Bett piepst und brummt kurz, ehe sie sich wieder zur Ruhe begibt. Dies ist das akustische Zeichen in meinem Zimmer, dass der Strom weg war und gerade wieder gekommen ist. Unter mir gehen wie auf Knopfdruck alle bunten Lichter wieder an. Ohne Strom können wir nicht kochen, obwohl die Küche mit Gasherd ausgestattet ist. Aber der Zünder für die Flamme funktioniert nur elektrisch. Da hilft kein Streichholz, auch für die Mikrowelle nicht. Aber wir können warm duschen. Der mit Gas betriebene Durchlauferhitzer zündet dank zwei dicker altmodischer Batterien. Wir haben 4 Zimmer und 1 Küche, 3 Bäder, 3 Balkone. 4 Gasflaschen stehen rund um die Wohnung verteilt vor den jeweiligen Fenstern in einem stabilen Metallkorb. Für jedes Bad eine. Die für den Herd steht ohne Einfassung auf dem Küchenbalkon. Trotzdem ...

Peinlichkeiten

Ich habe mir vorgenommen, nichts über die Müh(l)en des Alltags zu schreiben. Es ist hier wie überall. Die eine und andere Peinlichkeit habe ich mir aber schon geleistet. Angefangen mit dem sugar . Über die Vorhänge. Ich wollte - im Herzen pure Schweizerin! - die einst weißen Vorhänge im Wohnzimmer wieder weißwaschen. Ich dachte, ich mache das am besten am Samstag, wenn die cleaning ladies kommen. Dann können sie die Vorhänge abnehmen, Fenster putzen, Sofas wegrücken, alle Ecken auskehren. Und bis sie damit fertig sind, stellte ich mir vor, sei auch die Waschmaschine fertig, und die ladies könnten die staubtrockenen Vorhänge wieder aufhängen. Pustekuchen. Der Strom war weg, bevor sie kamen und blieb weg, solange sie hier waren und noch eine ganze Weile darüber hinaus. Die elektrische Türklingel funktionierte notabene auch nicht, und sie mussten lange an die Tür poltern, bis ich in meiner Einfalt verstand, was das Gepolter bedeutete. Sie kamen nämlich fast zwei Stunden früher als verein...

Jahrestag

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Ich feiere meinen persönlichen Jahrestag. Der ist positiver, als alle Jahrestage dieser Welt. Das oder der Blog (laut Duden geht beides) "In Lalitpur" existiert seit genau einem Jahr, zwischenzeitlich unter leicht abgewandelten Namen "Na(ch) Lalitpur" oder "Nach Lalitpur". Das war eine meiner persönlichen Wortspielspinnereien, die niemand verstehen muss. Initiiert wurde das Ganze von einem einzigen, simplen, unüberlegten, leichtfertigen und folgenschweren Satz . Wer A sagt, muss auch B sagen. Vor genau drei Wochen haben wir Europa verlassen. Seither wohnen wir (noch) nicht in Lalitpur, sondern im Norden Kathmandus, in Panipokhari, im B-Wing. Zur Feier des Tages speisen wir im Walnut Bistro . 6 Gehminuten von unserem 10. Stock entfernt. W. hat dort schon öfters über foodmandu Essen bestellt. Bistro ist irreführend. Wir sitzen draußen, unter einem Blätterdach, unter Bäumen, wie im Wald. Mitten in der Stadt. Im Windschatten der lauten Lazimpat Sadak. Für Kind...

sugar

Da auch die Kristallzuckerdose unversehrt aus einem der Pakete zutage trat, sowie der silberne Zuckerlöffel mit eingefasstem Bernstein, beschloss ich, Zucker zu kaufen. Es ist das einzige Beste Teil, das ich je besessen, und mitsamt Löffel kein Familienerbstück sondern eine Erinnerung an Warschau der 1980er Jahre. Verzichten wollte ich darauf aus irgendeinem Grund auf keinen Fall, ein Minimum an hirnloser Sentimentalität sei auch mir gegönnt.  Da sie nun da ist, muss sie gefüllt werden. Ich habe nichts mitgenommen, nur um es in den Schrank zu stellen. Da wir auf dem peace walk wir immer wieder Tee gereicht bekamen, Tee zum Ankommen in den Klöstern, Tee zum Frühstück, Tee zum Aufbrechen, zuckersüßen, brühendheißen Tee in Metallbechern, an denen ich mir regelmäßig die Lippen verbrannte, schlussfolgerte ich, dass in diesem Land kein Mangel an Zucker ist. Denn: je süßer der Tee, schien mir, desto wohlmeinender der ausschenkende Mönch.  Da ich seit Tagen vergeblich in mehreren Shop...

Ficus Religiosa L Moraceae

Ich habe meinen Lieblingsplatz für mein Morning Qigong gefunden. In der Nähe einer riesigen Ficus Religiosa L Moraceae - einer Pappel-Feige bzw. des heiligen Buddhabaums oder Bodhibaums , des Baums des Erwachens der Buddhisten, nicht der Erleuchtung! -, deren verschlungenen Stamm ich vorher dreimal umrunde und berühre. Auf der anderen Seite des Tempelhügels wurde bereits eine Ableger gepflanzt, geschützt von einer robusten Bambusabsperrung und mit einem Bewässerungsschlauch zu Füßen. Ich habe gelernt, dass hier Berge schneebedeckt sind. Alles andere sind Steigungen, Anhöhen, Hügel oder Wald. Der Schnee macht den Berg zum Berg nicht der Stein oder Fels. In Kathmandu geht es immer wieder auf und ab, aber die Stadt liegt im Tal. Und wenn die Leute über die kommenden Feiertage nach Hause fahren - sie kommen fast alle von weither, von einem Dorf in einer entlegenen Gegend, egal in welcher Himmelsrichtung -, sagen sie: "I'm out of the valley". Das bedeutet, dass sie per whats...