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zu schade

Das Haus ist fast leer. Und doch kommt immer wieder der gierige Griff. Wenn ich sage: "Das bekommt die Kleiderkammer." Oder: "Das holt hoelp ab." Nein, höre ich dann, entschieden: "Nein! Das ist zu schade, das nehme Ich!" Zu schade für die Kleiderkammer, zu schade für hoelp. Ich würde verstehen, wenn es um die schwarze Tonne ginge. Um den Restmüll. Wenn ich sagen würde: "Das kommt weg!" Oder: "Das schmeiß ich in den Müll." Ich könnte verstehen, dass jemand einwendet, aber das ist zu schade für den Müll, das ist doch noch gut, völlig intakt, noch zu gebrauchen. Wirf es bitte nicht weg, nicht in diese Tonne (die bei mir btw einen grauen Deckel hat), dann nehme ich es lieber mit. Das könnte ich verstehen. Und akzeptieren. Und müsste mich nicht hintersinnen, bräuchte kein einziges Wort darüber verlieren. Aber bei der Kleiderkammer? Bei hoelp? Warum gönnen die Leute keinem armem Tropf auch mal ein Schnäppchen? Warum greifen die lieber selber

Tintenmeer

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Das aber kommt mit!

Dieter K.

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Dieter K. ist ein so bescheidener Mensch und begnadeter Künstler, dass er dieses rechteckige Stück Leichtmetall bei nächster (letzter!) Gelegenheit von mir überreicht bekommen wird. Wer den Text entziffern und übersetzen kann, verdient (m)einen Orden. Bitte die Lösung dieser Aufgabe in einen Kommentar zu diesem Post verpacken, verfassen und veröffentlichen. In meinem Haus am Wattenmeer hing das Täfelchen an unscheinbarer Stelle 17 Jahre lang - bis gerade eben, als ich die vier Nägel an den vier Ecken mit einer Zange und entschlossenem Ruck, der Widerstand war nicht an allen vier Enden gleich, aus der Wand zog. Alle, ausnahmslos alle Besucher, Freunde, die willkommenen und unwillkommenen Gäste, Handwerker, Schreiner, Gärtner, Elektriker, Amtspersonen, Makler, Hausbesichtiger, Gas-Anschluss-Kontrolleure und Wechselrichterbeschauer, sie alle, wirklich alle, hielten sich sklavisch, bis zum bitteren Ende am heutigen Mittage, an diese Anordnung!  

Kopfleisten

Was der Kopf leistet: von den gelben Reclambändchen ist eines übrig geblieben. Es hat sich erfolgreich der relocation widersetzt. Kam erst gestern wieder zum Vorschein, als die Männer die Regale wegtrugen: Martin Luther. An den christlichen Adel deutscher Nation. Von der Freiheit eines Christenmenschen. Sendbrief vom Dolmetschen. Ich habe mir das einst wohl wegen des letzten Beitrags (eine furiose Beschimpfung!) angeschafft. Luther schrieb schon 1530 ex eremo (aus seiner Einsamkeit) von den Eseln, Eselsköpfen und Eselsohren. Ich werde noch einmal Luther lesen müssen, so verstehe ich die Aufforderung des hartnäckig gelb leuchtenden Bändchen in (m)einem leeren Zimmer. Ein letztes Mal. Heute nachmittag an der Sonne auf der Gartenbank. Der Samstag ist in Nepal der Sonntag, der arbeitsfreie 7. oder 1. Tag der Woche. Und dann werde ich das letzte Büchlein nachtragen, dem Büchertransport, der mir den ganzen großen Rest abgenommen hat, nachliefern. Ich werde Luther nicht nach Lalitpur mitnehme

Fußleisten

Was die Füße leisten: Die Bücher sind vor einer Woche abgeholt worden, ebenso Goethes Faust in Messing, die Bücherregale heute vormittag. Sowie ein Tisch, vier Stühle und ein Bürodrehstuhl. Nun hallt es in den Räumen und Peter Bichsel darf auftreten. Am Boden kommt zum Vorschein, was vor 17 Jahren nicht vergessen wurde, sondern aus praktischen Gründen unterblieb: die Sockelleisten fehlen hinter den fünf Billys an der Ostseite des Wohnzimmers. Und im Flur hinter dem Schuhschrank.

Notartermin

Ich verkaufe mein Haus am Wattenmeer. 

Camazotz 2

Ich verschenke den Maya Calender. Und die zehn Gebote. Beide auf Papyrus. Beide hinter Glas. Einer - der Kalender - bunt und mit seltsamen Namen. Das andere - Moses' Gebote - in goldenen Lettern, hebräisch. Beide also eigentlich unverständlich und doch eindeutig. Unmissverständlich.  Beide hängen seit Jahren in meinen Küchen. Die Gebote seit meiner Reise auf den Mosesberg, 1987. Der Maya Calender seit 2010. Seither weiß ich, dass ich zum Zotz gehöre. Camazotz ist der Fledermausgott. Die goldenen Gebote habe ich nie zerdeppert, auch nicht in der größten Wut und Enttäuschung. Ich habe sie nach jedem Umzug wieder an eine Wand in der Küche genagelt. Heute gebe ich sie ab.

simply clean

Weil ich mein umweltfreundliches Fensterreinigungsset - bestehend aus einem grünen Langflorhandschuh, einem grünen Profituch Plus und zwei Trockentüchern, einem in grasgrün und einem in ivory (was übersetzt ungefähr soviel wie klaviertastenfarben bedeuten könnte) - verschenken will, putze ich noch ein letztes Mal alle Fenster. Von oben bis unten und von hinten bis vorne. Dazu brauche ich nebst oben genanntem lang- und kurzfaserigen Handwerkszeug nur klares Wasser.  Die fast volle Flasche eines handelsüblichen Glasreinigers werde ich stehen lassen. Für die Nachwelt. Die Nachnutzer. Die Nachnutznießer. 

the second half of my life

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6   12   All my books in polish language, packed in 18 (12 + 6) bookboxes, are now on the way to Konin/Poland.  Wszystkie moje książki w języku polskim, zapakowane w 18 bookbox-ów, zabrał w nocy sympatyczny kurier. Trochę się męczył ładowaniem a teraz już jadą. Cenny ładunek dostarczy Miejskiej Bibliotece Publicznej im. Zofii Urbanowskiej w Koninie. Zofia Urbanowska (1849-1939), polska publicystka i pisarka, jest autorką powieści Cudzoziemiec , Księżniczka , Gucio zaczarowany , Róża bez kolców , Wszechmocni, Złoty pierścień i innych. Zadebiutowała w pod pseudonimem "J." nowelą Znakomitości .  Znakomite!  If you are on facebook: https://www.facebook.com/share /p/QLuPyKjcg79e7MKx/?mibextid= WC7FNe

Und ...

... das Klavier, das einhundertfünfundzwanzigjährige Liegnitz, stand bis eben auf Rollen in meinem Meldorfer Wohnzimmer. Nun bewegt es sich bereits nach Norden. Es kommt auf den Dachboden meines Biobäckers an die Bahnhofstraße in Joldelund. Die Bäcker haben dort einen Fahrstuhl eingebaut aus ausgemusterten Back- oder Knetmaschinen. Genau habe ich das nicht verstanden und vorstellen kann ich mir die Technik in meiner derzeitigen geistigen Lage gar nicht. Aber Hauptsache, es klappt und das schwere Klavier schwebt nach oben, leicht wie eine Feder, wird gestimmt und gespielt von diversen Jazzmusikern. Zum ersten Mal demnächst, am 6. September. Mit dem Greg Koch-Marschall Trio (US) und den Ramblin Preachers (UK).

"if you're not confused ...

 ... you're out of touch" (Otto Scharmer) ok. I'm confused. I'm in touch with the world. With the complexity, madness, incomprehensibility, obscureness, opacity ... Recently (" in the light of the current situation ") Mr Scharmer specified: "If you're not depressed, you're probably out of touch." Probably!

Lady Luck

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Luckily I spend almost an hour and a half in Nepal with my new Nepalese friends.

Kalenderreform

Ich lebe im Rhythmus der Mülltrennung und des Abfuhrkalenders. Meine Papiertonne ist seit Tagen bis oben voll. Also höre ich auf, Papiere zu sortieren. Das kann nun einen weiteren Monat warten. Nächste Woche ist Wertstoff an der Reihe. Auch davon habe ich reichlich. Die halbleere blaue Tonne der Nachbarn versetzt mir aber einen ungeahnten Mobilitätsschub! Zuerst vertraue ich ihr nur die leeren Aktenordner an. Die stehen bereits zur Abfuhr bereit und fordern einiges an Raum. Dann, verblüffend für mich selbst, kann ich der Aufforderung der immer noch nicht vollen blauen Tonne der Nachbarn nicht widerstehen, endlich auch die allerletzte Papierecke oben in meinem Arbeitszimmer aufzuräumen. Ich bin ein Kind des Papiers! Schrieb in meinem Leben Tausende Hefte und Tonnen von Seiten voll. Und nun entledige ich mich unverhofft auf einen (mehrere natürlich) Handschlag allen schriftlichen Übels der letzten 50 Jahre! Kaum ist der letzte volle Papierkorb in die Tonne verklappt und der Deckel so end

bad omen

From Lhakpa Phuti I know, that we have to be careful about all signs.  Saurya Airlines aircraft crashes during takeoff in Kathmandu https://kathmandupost.com/province-no-3/2024/07/24/saurya-airlines-aircraft-crashes-during-takeoff-in-kathmandu

purity warriors

Sherpas, cleaning up the Everest death zone, retrieved five bodies and removed 11 tones of garbage.  https://www.bbc.com/news/articles/c9r31g50xqdo

Anschlag

Ich bin am Anschlag. An der Grenze der Belastbarkeit. Fast hätte ich meine Seele verkauft. Meinen Schatten. Meinen Körper, der diesen Schatten wirft. Das Gesamtbild. Eingetauscht gegen ein paar lumpige alte Möbel. Eine Person, die ich nicht kenne, die aber laut big brother eine schulmedizinische Ausbildung durchlaufen hat, wollte mir zwei (2!) gesamtheitliche Behandlungen verpassen. Statt den von mir gewünschten "symbolischen" Betrag in meine Reisekasse zu entrichten. Zuerst versuchte sie mit einem Lächeln auf den Lippen mich emotional zu erpressen. Sie weiß aufgrund ihrer Ausbildung, wie das geht. Ich hielt stand. Qua meines Amtes habe ich mehr rührselige Geschichten auf Lager als sie! Dann schwang sie die Manipulationskeule. Versuchte, mich in ihre Krallen zu bekommen. Bot mir zwei gesamtheitliche Behandlungen an. Pervers wie die Mediziner, die Sterbenden in den letzten Lebenswochen noch eine Chemo verordnen. Gierig. Zum Glück bin ich so gesund, dass ich auf meinen rebellie

word warriors

Ich höre eine Sendung über Nepalesische Autorinnen und darin immer wieder das Wort "home ...".  Der Sender zeigt im Internet zu seinem Programmpunkt ein Symbolbild, das nichts mit dem Inhalt des Themas - "Literatur", "Aus weiblicher Sicht" - zu tun hat. Nicht einmal symbolisch! Das Bild präsentiert, wie so oft, werbewirksam dem [männlichen] Betrachter das ästethisch ansprechbar Weibliche. Yukta Bajracharya gehört zu den Gründerinnen der Word Warriors Nepal. Hier besingt sie ihr "Home" nicht im deutschen Radio sondern in ihrem Heimatland. Das Zuhause verortet sie literarisch ausgerechnet dort, wo ich kürzlich ein paar Tage verbracht habe. Auf meinen täglichen Spaziergängen durchschritt ich es immer wieder. Patan Durbar Square. Ein Touristenhotspot. Laut, heiß, staubig. Umringt von Taxifahrern auf 4 oder 2 Rädern, die alle nicht glauben wollten, dass ich meinen Weg lieber zu Fuss fortsetze. Unesco World Heritage Site. Erbaut einst von Newar Pe

Währungsreform

Meine neue Währung heißt: DHL-Paket. 20 Kilo von Deutschland nach Nepal spedieren lassen. Kürzlich bekam ich ein Honorar für eine Lesung. Das waren 2 DHL-Pakete. Gestern verschenkte ich meine chinesischen Teetassen. Weil sie jemandem gefielen und ich sie nicht mehr brauche - ergo: ein DHL-Paket gespart. Heute versilberte ich das Silberbesteck. Verscherbelte ein paar weitere Kleinigkeiten aus Gold und Silber. Das ergab ein weiteres DHL-Paket. Hätte ich den Trauring meines Großvaters väterlichseits, den die Großmutter nach seinem frühen Tod zu einem Schmuckring mit seinen verschlungenen Initialen obendrauf und mittendrin - statt Edelstein sozusagen - ummodellieren ließ, auch verscheuert, hätte ich mir noch ein DHL-Paket gesichert.  Ich entschloss mich spontan, den Ring zu behalten. Oder zumindest eine Nacht mit dem Ring auf dem Nachttisch (an den Finger passt er nicht mehr) über die Angelegenheit zu schlafen. Denn: Ich bin die einzige, auf die die Initialen noch irgendwie zutreffen. Wieg

floods and landslides

Monsoon in Nepal. Sturzfluten, Überschwemmungen, Erdrutsche. Der Bagmati verlässt an vielen Stellen sein Bett, ua hat er den Kanti Highway über- und unterspült. Lalitpur steht unter Wasser. https://kathmandupost.com/climate-environment/2024/07/08/floods-and-landslides-kill-15-people-in-two-days-three-missing-21-injured

Sackgasse

Ich lese, dass "Streben nach Erfolg, Macht, Besitz" im Lamaismus nicht "als natürliche menschliche Aktivität, sondern als Sackgasse des Denkens" gilt. Die Sackgasse des Denkens! Mir scheint seit ein paar Jahren, ich sei in der Sackgasse des Handelns angekommen. Weil ich rundum an Mauern stoße. An sichtbare und unsichtbare Mauern, an zumeist schmerzhaft harte, undurchdringliche. Es sind Mauern der Nachbarn, die ihre Hintergärten einzäunen und die Vorgärten zupflastern. Es sind die Mauern fehlender Träume und mangelnder Vorstellungskraft. Es sind die Sackgassen des Denkens der Anderen, die mich abkapseln und mir die Luft zum Atmen rauben.  Auch am unendlich weiten, unverstellten Horizont am Wattenmeer tut sich mir keine andere Dimension auf. Ich gab mein Bestes, versuchte, sie schreibend heraufzubeschwören, einzufangen, aus dem kopfstehenden Apheev hervorzuholen und zu öffnen. Wenigstens literarisch! Vergeblich! Den Text versteht kein Mensch! Umgekehrt präsentieren mi

Klammern

Erstens danke ich meinem Nachbarn, der gestern - kaum zurück aus seinem mehrwöchigen Urlaub - meinen sperrigen Krempel hier eingeladen, durch die Stadt gefahren und beim Gemeindehilfswerk der Kirche wieder ausgeladen hat. Zweitens könnte ich jetzt, nach Bügelbrett, Wäsche- und Kleiderständer, eigentlich auch die Klammern entsorgen. Die Wäscheklammern aus buntem Plastik, das (oder die?), wie allgemein bekannt, dem Lauf der Zeit nicht standhält, sondern mürbe wird, materialmüde und in der Hand zerbröselt. Die Holzwäscheklammern bleiben vorerst im Dienst. Die Waschmaschine steht noch, und geht noch. Natürlich werde ich das eine oder andere Mal noch Wäsche zum Trocknen aufhängen müssen. Dazu sind Leinen draußen, vor der halben Garage, sowie drinnen, in der halben Garage vorne und in der halben Garage hinten, kreuz und quer gespannt. Eine ganze Garage brauchte und hatte ich nie. Drittens höre ich sofort auf zu klammern. Mich an Dingen festzukrallen, die diesen Würgegriff nicht verdienen. Nu

Falten

Ich habe das Bügelbrett verschenkt. Dazu das Bügeleisen, einen halben Kanister sterilisiertes Wasser, diverse Bügelhilfen für Hemdenärmel und Blusenschultern, Gitternetzbügeltücher für Seide und gegen Glanzstellen, Bügelhandschuhe gegen Verbrennungen. Ich werde nicht mehr bügeln.  Ich habe die Nähmaschine verschenkt. Dazu mein ganzes Nähkästchen, Nähnadeln, Stopfnadeln, Stricknadeln, Häkelnadeln, Stopfgarn und Baumwollfäden in allen erdenklichen Farben und Stärken. Ersatzknöpfe in allen erdenklichen Formen und Größen. Sowie die Schneiderinnenscheren meiner Mutter. Ich werde nicht mehr nähen. Ich habe die Wäscheständer und den Kleiderständer verschenkt. Dazu alle Holzkleiderbügel. Die Kunststoff- und Plastikkleiderbügel versenkte ich schon vor Wochen in die neue gelbe Werststofftonne, die von meiner Großmutter einst liebevoll umhäkelten übergab ich dem Altkleidercontainer. Ich werde nichts mehr lüften, oder zum Trocknen aufhängen. Ich werde nur noch falten.  Und packen.

Honig

Guckt mal, ihr fleißigen Honigbienen: https://www.n-tv.de/mediathek/bilderserien/panorama/Klimakrise-bedroht-Honigsammel-Tradition-in-Nepal-article25012344.html  

the most probable value

Wissenschaftler denken anders als Fernsehjournalisten mit ihren Fingernageltheorien. Die porters (siehe Forty Years in the Mountains, S. 186 ff), die ihnen und den Promibergsteigern auf die Höhe helfen, haben nichts zu sagen. Sie tragen. Zelte, Brennmaterial, ganze Küchen und volle Vorratskammern, Reissäcke und Chilischoten, Wechselkleidung, Sauerstoffflaschen sowie natürlich das teure, hochempfindliche technische Equipment westeuropäischer Fernsehanstalten.  Der Mount Everest, lese ich, ist seit der letzten Messung um fast einen Meter gewachsen. Nach dem verheerenden Erdbeben der Stärke 7,8 im Jahr 2015 machten sich chinesische und nepalesische Vermessungsteams auf, den Berg auf ihrer gemeinsamen Grenze neu zu vermessen - unter den kritischen Augen der geografischen Weltgemeinschaft sowie einer Wissenschaft, die gierig alle Daten, derer sie habhaft werden konnte, schluckte und analysierte. Ich weiß, dass die Glarner Alpen durch Oberflächenerosion und die Erdanziehung in Schach gehalte

Wachstumsschritte

Ich lese in einem Buch. In einem vor sage und schreibe 37 Jahren erschienen Buch. Und staune und zitiere: "Der Himalaya wächst mit etwa demselben Tempo wie ein Fingernagel: 10-15 cm pro Jahr." *** Man darf auch Aussagen in traditionellen Druckerzeugnissen hinterfragen. Vor allem dann, wenn es sich um eine Begleiterscheinung zu einer Fernsehserie handelt. Ich konsultiere also das www und finde - wen wundert's? - zum Wachstum von Fingernägeln widersprüchliche Angaben. Dass sie wachsen, ist unbestritten. Im Winter aber sollen sie langsamer wachsen als im Sommer, bei Männern schneller als bei Frauen, bei jungen Menschen jeglichen Geschlechts noch schneller als bei älteren Menschen jeglichen Geschlecht. Heutzutage wachsen Fingernägel rund um den Globus schneller als vor noch einem halben oder ganzen Jahrhundert, was allgemein auf eine veränderte oder verbesserte Ernährung zurückgeführt wird. Fingernägel wachsen auch schneller als Zehennägel, weil letztere weniger Zeit an Luft

Pässe II

Kürzlich, auf meiner ersten Reise nach Lalitpur, trug ich meine Wanderschuhen und musste sie bei keiner Kontrolle, an keinem Flughafen ausziehen. Ich behielt sie fast 24 Stunden lang an den Füßen. Nicht weil ich dort sofort in die Berge steigen wollte oder gar über mehrere im Wind schwankende Hängebrücken hinweg gleich mehrere Gebirgspässe passieren wollte. Nein, ich wollte die Wanderschuhe einfach nur stehen lassen. Damit sie angekommen sind. So wie ich zwei volle Koffer, eine Handvoll Bücher und einen meiner beiden laptops stehen lassen wollte.  Mein halbes Leben steht seit einem halben Monat bereit in Kathmandu.  Logistisch ist es sinnvoller, schwere Schuhe an den Füßen mitzutragen als im Koffer. Dies ist nur ein Beispiel für grandiose Missverständnisse, die mir gerade auf Schritt und Tritt entgegenschlagen. Rundum wird alles hinterfragt, was ich tue oder lasse. Ständig soll ich mich rechtfertigen. Noch nie in meinem Leben sah ich mich einer so hemmungslos lauernden Dauerbeobachtung

Steine

Ein Stein nach dem anderen rollt den Hang hinunter und fällt mir schließlich vom Herzen. Die russischen Bücher hat mir die Optikerin abgenommen. Die französischen kommen nach Högel. Die italienischen verteile ich wie Pizzastücke. Die polnischen stehen imer noch stramm, geschlossen von A wie Anderman (brak tchu, kraj świata) bis Z z kropką, also Ż wie Żeromski (Przedwiośnie, Dzienniki - 3 grube tomy!), im Regal. Ktoś chętny?

Stonehenge

Ich hole den allerletzten Aktenordner vom Dachboden und schreddere seinen Inhalt. Das muss geschehen, bevor die Sonne heute Abend ihren höchsten Stand am Himmel über der Nordhalbkugel erreicht. Es ist nicht schlimmer, als ich erwartet hatte, dauert aber deutlich länger. Gerichtsakten, Verhörprotokolle, seitenlange Urteilsbegründungen und Revisionen bis hoch zum BGH. Die Vergangenheit lässt sich nicht restlos eliminieren und in feine Streifen zerschnipselt in die Papiertonne kippen. Nein! Es bleibt dabei und kann nicht oft genug wiederholt werden: Schwiegervaters Leben hat eine Krankenschwester auf der kardiologischen Intensivstation der Berliner Charité vorzeitig beendet. In Stonehenge - wo sich traditionell Tausende zur Sommersonnenwende versammeln, um die Sonne direkt hinter dem Eingang zum Steinkreis aufgehen und dann ihr Licht exakt auf den Altarstein in der Mitte fallen zu sehen - in diesem Stonehenge trieben gestern Klimaaktivisten ihr Unwesen und besprühten die Megalithblöcke de

Pässe

Ich besitze zwei Pässe. Im einen Pass ist ein Ort angegeben, den ausländische Behörden gerne als Geburtsort in ihre Akten nehmen. Es ist aber nicht mein Geburtsort. In diesem Heimatland steht die Vergangenheit über der Gegenwart. Der Geburtsort bedeutet nichts, die Herkunft der Väter alles. Im anderen Pass ist mein Geburtsort korrekt eingetragen. Dafür ist der Ort, an dem dieser Pass ausgestellt wurde, ein noplace . In diesem Heimatland steht die Architektur über natürlichen Bodenerhebungen. Die Behörde, die ihren Bürgerinnen und Bürgern persönliche Papiere wie Reisepässe ausstellt, sitzt an mehreren Orten zugleich, im Land, im Kreis, in der Stadt, meist in mehrstöckigen Verwaltungsgebäuden mit Aufzug und Dachterrasse, denn sie bietet ihrem Personal alles, ist eine Krake und betreibt immer mehr Aussenstellen. Lege ich nun diese beiden Pässe probehalber offen nebeneinander auf meinen Schreibtisch, kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand auf der Welt glauben wird, dass sie ein u

Haare

Alle nepalesischen Frauen tragen ihr Haar lang. Es ist von Natur aus tiefschwarz. Wie die Augen. Die Frauen sind von Natur aus sehr schön. Je jünger, desto länger, desto schwärzer, desto glänzender das Haar. Einige versuchen, es aufzuhübschen. Ganz ohne Not. Mit Henna Abwechslung, Strähnchen reinzukriegen. Nur bei Lhakpaphuti lese ich "Nanda was in jean pants. She had cut her hair short and looked beautiful" (S. 224 Forty Years in the Mountain). Nanda, Pasang und Lhakpaphuti auf dem Weg zum Everest, das erste nepalesische women-team ever. Im März 1993. Die Expedition misslang. Nanda wurde krank, Pasang scherte aus - trotz mehrerer "bad omens" - und kam vom Alleingang nicht zurück, Lhakpaphuti hatte keine Gefährtinnen mehr und begrub ihren Traum. Eine der vielen bedrückenden Geschichten in diesem Buch. Keine/r darf sich über die Götter erheben! Ich hingegen bin eine von zwei Frauen in Kathmandu mit raspelkurzen Haaren. An jenem Sonntag auf jener Bank begrüßte mich je

monsoon clouds

Kaum sind wir weg, kommt der Regen, und zwar verfrüht! Normalerweise, sagen die nepalesischen Meteorologen, beginnt die monsoon season am 13. Juni und endet am 23. September. Aber: monsoon clouds entered the country from eastern Nepal on Monday, three days ahead of the usual onset date. Ab morgen soll der Regen das Kathmandu valley und die Hauptstadt erreichen. Geschätzt 1,81 Millionen Menschen und 412,000 Haushalte sollen gefährdet sein in diesem Jahr. https://kathmandupost.com/climate-environment/2024/06/10/monsoon-enters-nepal-three-days-ahead-of-schedule

without - within

Ich bin zurück und nicht ansprechbar. Seit dem Umsteigen in Dubai rebelliert alles in mir. I didn't want to come back! Wenn ich richtig rechne, war ich fast 24 Stunden unterwegs, durch die Zeitverschiebung aber kaum einen halben Tag. Ich schlafe und lese. Und lese und schlafe. Ich bin mit einem einzigen Buch zurückgekommen, das mir die Autorin Lhakpa Phuti Sherpa auf den Weg mitgegeben hat: Forty Years in the Mountains .  My English is not perfect - seltsamerweise aber habe ich den Eindruck, als ob durch die an vielen Stellen holpernde englische Übersetzung das nepalesische Original näher an mich heranträte. Learning by reading!

left

Wir stehen mit der Sonne auf und ich werfe einen letzten Blick vom Balkon im 5. Stock. So leer und still habe ich die Stadt noch nie erlebt. Sogar ein Geh-Behinderter mit Stock, den ersten, den ich sehe, überquert in aller Ruhe die unbelebte Straße! Auch von den Vögeln mit den malerischen Augen ist nichts zu sehen und nichts zu hören. Wir verlassen den Linksverkehr und heben ab in Richtung Westen. Ich sitze am Fenster und schaue hinab auf die Häuser und Köpfe, die die Turbinen am Samstagmorgen - dem Sonntag Nepals - in Lalitpur malträtieren.

(c)o two

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Diesen Baum habe ich aus der gestrigen Oase gerettet. Auf einen leichten Tag folgt ein schwerer. Das übermütige Spiel mit den Dämonen rächt sich. Wir fahren nochmals dreimal quer durch die Stadt. Sehen den ersten Verkehrsunfall, leichter Blechschaden zweier Überlandbusse. Beglücken Taxifahrer und schauen Wohnungen an, die für uns nicht in Frage kommen. Ich packe und mich packt die Verzweiflung. Natürlich lasse ich die 40 kg mitsamt laptop hier, aber ich muss sie wieder verteilt bekommen auf zwei Koffer. Ein Kollege von W. wird mein halbes Leben an sich nehmen und beaufsichtigen, bis ich mit der anderen Hälfte wiederkomme. Dass wir keine Bleibe gefunden haben, findet niemand ungewöhnlich, nicht einmal wir. Das Umgekehrte wäre erstaunlich gewesen und wir haben gelernt, mit guten Ratschlägen umzugehen. Möbel sind immer Geschmackssache. Teppiche auch. Wohnungen sowieso und landende Flugzeuge über den Köpfen, wer will das zum anderen Lärm umsonst noch obendrauf bekommen?

Advice from a tree

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Ich verbringe einen Tag im Grünen. In einer Oase der Stille, umgeben von alten Bäumen und jungen Vögeln. Ich habe ganz vergessen, wie relaxing Ruhe ist. Wir denken nach und sind uns einig, dass es keinen Sinn macht, heute einen Mietvertrag für eine Wohnung zu unterschreiben, die noch eine Baustelle ist. Für ein Jahr, mit Vorauszahlung von 6 Monatsmieten plus 2 Kaution. Und einer beiderseitigen Kündigungsfrist von einem Monat, wobei weder bereits bezahlte Mieten noch die Kaution verrechnet werden. Ich sitze in einer Gartenschaukel im Schatten und lese in meinem zweikiloschweren Himalayabuch mit dem Ama Dablan auf dem cover und einer dieser horrible suspending bridges . Ich lese von Geistern und Dämonen, von Gorkhakämpfern und Sherpas. Und am Abend beim business -Empfang treffe ich alle diese Leute leibhaftig. Advice from a tree - Stand tall and proud - Go out on a limb - Remember your roots - Drinking plenty of water - Be content with your natural beauty - Enjoy the view

Weitergehen

Wir sind nicht zum Vergnügen hier, also arbeite ich den halben Tag, bis ich vor Hunger fast vom Stuhl falle. Nach dem Essen (fried rice) bin ich so müde, dass ich auf dem Sofa einschlafe. Mein Spaziergang verschiebt sich deshalb in die Abendstunden und ich lerne, dass mir die Dunkelheit keineswegs entgegenkommt beim Überqueren der Straßen. Meine größte Herausforderung in diesem Land ist das Gehen, das Vorwärtsgehen, Weitergehen. Irgendwann werde ich die laute Stadt verlassen und in die Berge, in die Höhe gehen wollen. Nicht auf den Everest. Nicht in meinem Alter. Darunter ist es überall hoch genug. Ich (alp-)träume von den Hängebrücken, die überall über engen Schluchten hängen, im Winde schwanken, in schwindelerregender Höhe und immer mal wieder Teile verlieren. Wer Pech hat, tritt mittendrin ins Leere. So stelle ich mir das schweißgebadet vor. Die schwer beladenen Yaks laufen aber auf den Filmchen bei YouTube unbekümmert rüber, Schulkinder auch, die Bauern sollen störrische Esel mitsa

mixture

everything is a mixture ... meine Sprache auch. Und meine Gedanken wandern, wie die Füße. Stolpern, brennen. Heute vor 35 Jahren durften die Polen zum ersten Mal frei wählen. Und heute habe ich frei, weil W. busy ist auf seiner conference am anderen Ende der Stadt, also in Kathmandu. Geduldig warte ich das (heftige!) Gewitter am Mittag ab und durchquere dann Lalitpur von der Pucho Thura (Western Ashoka Stupa) zur Teta Thura (Eastern Ashoka Stupa). Puh! Das ist heftig! Auf dem Rückweg komme ich an der Ibahi Thura (Northern Ashoka Stupa) vorbei, mehr oder minder ungeplant. Die größte, die Lagan Thura (Southern Ashoka Stupa) spare ich mir für den nächsten Spaziergang und bringe so wahrscheinlich wie gewohnt alles durcheinander. Alle Heiligtümer sollen hier nämlich im Uhrzeigersinn abgeschritten werden. Aber ich bin schon so frei, dass ich an jedem Schrein oder Tempel, von denen es wahrlich genug gibt, die Gebetsmühlen drehe und wenn vorhanden, die Glocke schlage. Was sein muss, muss sein.

kalahapriya

Das ist einer der Namen meiner Hirtenmaina im Sanskrit. Bedeutet, wie ich lese, soviel wie "einer, der gerne streitet". Sie streiten sich tatsächlich den ganzen Vormittag auf meinem Balkon im 5. Stock. Der Jungvogel, mächtig gewachsen, ist wieder da und die Alten möbeln ihn mächtig zusammen vom Geländer herunter, was ihm einfalle, sich wieder in die Ecke zu verkrümeln und den Schnabel aufzusperren. Im Sanskrit heißt er auch chitranetra (= der mit malerischen Augen) oder peetanetra (= der mit gelben Augen) oder peetapaad (= der mit gelben Beinen). Trifft alles zu! Ich sehe heute den ersten Affen über die Stromkabel über der Strassenkreuzung wetzen. Ich lerne heute, dass nicht Toleranz Hinduisten und Buddhisten friedlich neben- oder miteinander leben lässt, sondern das Teilen. We share, what we have. We share, what is good. Eine Studentin führt mich in die Hinterhöfe und zu den alten Newarhäusern. Und wir landen schließlich im Goldenen Tempel. We share everything, sagt sie. It`

working day

Der Samstag ist hier der Sonntag. Davon habe ich gestern nichts gemerkt. Heute hingegen, am Sonntag Mittag verbringen wir viel Zeit in der Hauptgeschäftstelle einer Nepalesischen Bank. Füllen Formulare zur Eröffnung zweier Konten aus, eines für W. und eines für mich. Dann besichtigen wir unser neues Heim, eine zweistöckige Wohnung, an der noch heftig gebaut wird, nur das Terrassengeländer in der unteren Etage ist bereits blau gestrichen. Blau scheint Nepals Lieblingsfarbe zu sein. Wir brauchen zwei Konten und zwei Stockwerke. Unterwegs - wir stehen heute viel länger im Stau als wir je auf einer Bank saßen - wird mir eine nepalesische SIM-Karte in mein Smartphone appliziert, neben meine deutsche. Nun weiß ich gar nicht mehr, wer oder wo ich gerade bin. Ich lerne, über InDrive Taxis zu bestellen, auf zwei oder vier Rädern, und komme für mich selbst überraschend sofort auf die verwegene Idee, mir, wenn ich dann dereinst alleine unterwegs bin, ein Motorcycle vor die neue Haustür zu bestell

Steigbügel

Ich gehe vor dem Frühstück einkaufen und rücke nach dem Frühstück unserem immer noch flugmüden Hausvogel den Frühstückstisch so hin, dass er ihn mit seinen kräftigen gelben Beinen als Steigbügel vom Küchenfensterbrett zur Balkonbrüstung nutzen kann. Die Altvögel kreischen immer lauter, ungeduldiger, schon leicht entnervt - und der erste Versuch misslingt natürlich. Die erschöpfte Hirtenmaina muss noch einmal von vorne beginnen. Sie ist tapfer, aber bedingt lernwillig. Als sie endlich oben auf der Brüstung zwischen Papa und Mama angekommen ist, fordert sie Futter. Trampelt mit den Krallen und sperrt den Schnabel weit auf. Die Erziehungsberechtigten fordern Gehorsam, trampeln auch mit den gelben Krallen und schlagen mit den Flügeln: Abflug! 5. Stock, ein Kinderspiel! Nach ungefähr einer weiteren Stunde ist es dann so weit und sie ziehen zu dritt in den gepflegten Garten des United Nations House gegenüber. Ich danke Lord Buddha für die erste Lektion. Dem Kassenzettel vom Bhat-Bhateni Supe

Common Myna

Der Jungvogel hat eine ruhige Nacht in der Ecke vor dem Küchenfenster verbracht. Er wird gefüttert und umsorgt (umkreischt) von mehreren Altvögeln und ist, wie mir scheint, bereits um das Doppelte gewachsen. Kräftiger geworden, aber nach wie vor mutlos, die blau gestrichene massive Balkonmauer zu überfliegen. Aus seiner Perspketive sitzt er wahrscheinlich am Grund eines entleerten Staudamms. Oder Swimming Pools. Ich verabschiede mein früheres Leben in den Träumen am Morgen, wenn hier die Zeit reif wäre zum Aufstehen, meine Seele aber noch im schwärzesten Walde herumstreift. Wir haben einen Inder in Laufnähe gefunden, bei dem wir lunchen. Am späten Nachmittag nehme ich mein Smartphone und verlasse den 5. Stock. Marschiere zwei Stunden allein durch verwinkelte Gassen und laute Straßen zum Patan Darbar Square über den Goldenen Tempel oder Hiranya Varna Mahavihar, und finde rund um den eckigen Ilanani Park irgendwie wieder in den 5. Stock. Bepackt mit Papayas und Mangos. Ich konnte bezahle

Lord Buddha

Wir wohnen in der Emerald Suite im 5. Stock über einer sehr belebten Straße. Am Tag der Ankunft - also gestern! - schaute ich eine Stunde lang vom Balkon hinab auf die Bewegungen am Boden. Autos in mehreren Reihen rauschten unaufhörlich in die eine oder andere Richtung. Dazwischen Tausende Hupende Mopeds. Linksverkehr! Das ist das eine, was ich mir einprägen muss. Und das andere, wie Fußgänger von einer Straßenseite auf die andere kommen. Es sieht alles ungeordnet aber easy-going aus. Am Nachmittag stiegen wir in den 7. Stock, um im Office das Anmeldeformular auszufüllen. Danach sassen wir eine Stunde auf der Dachterasse und schauten in den Himmel. Die Berge waren nicht zu sehen und die Sonne ging früh unter. Wir wurden mit dem Auto zum Essen abgeholt und ich fragte mich, ob ich je den Mut haben werde, einen Schritt vor die Tür in diese Stadt zu tun. Lord Buddha hat mich erhört. Heute früh hockt eine verschreckte kleine Hirtenmaina (Common Myna oder Acridotheres tristis ) vor meinem K

arrived

in Kathmandu after the most beautiful sunrise ever seen! Over the Himalayas. Seen from the airplane for only very short time, because the stewardesses kindly asked all passengers to close the blinds. Too early to get up, we had to rest until landing.

Nepal 1

Ich habe 40 kg meiner Habseligkeiten eingepackt und lasse mich damit von Herrn M. nach Hamburg zum Flughafen bringen. Treffe dort W. und wir fliegen zusammen nach Dubai. Mitten in der Nacht müssen wir dort aus- und umsteigen, das schwere Gepäck schlaftrunken aus- und wieder einchecken auf den Flug nach Kathmandu.

Hortus

Ich verschenke Gärten. Den Hortus Eystettensis - Das große Herbarium des Basilius Belser von 1613. In 367 Kupferstichen, nach Jahreszeiten geordnet, überlebt hier der schönste Garten aller Zeiten, den Fürstbischof Johann Konrad von Gemmingen anlegen ließ und den 1632 schwedische Truppen dem Erdboden gleichmachten.  Und den japanischen Garten von Lafcadio Hearn. Alias Koizumi Yakumo. Eine irisch-griechisch-japanische Betrachtung. In Indigoblau gebunden.

Obwohl!

Auch Natasza schreibt über die Armut. Auch Natasza wundert sich ua darüber, dass die ärmsten Töchter der allerärmsten Bergbewohner glitzernden Klunker am Hals oder am Handgelenk tragen, Plastikperlen im Ohr, eine Feder oder Blume im Haar. Was ist dagegen einzuwenden, wenn auch sie ("Nawet najbiedniejsi z biednych ..."), die absolut Besitzlosen, auf ihr Äußeres - oder auf Oberflächlichkeit? - achten - obwohl uns das vielleicht seltsam erscheint ("... , choć wydać się to może dziwne, przywiązują wagę do powierzchowności?") Cytuję z książki p.t. Tam autorstwa Nataszy Goerke, wydanej przez wyd. Czarne w Wołowcu w roku 2017, str 141.

Schmutz

Ich lese in total veralteten Büchern. Versuche mir ein Bild zu machen von der Gegend der Welt, auf die ich mich unweigerlich zubewege. Verzweifle an der Überheblichkeit Adliger und nicht Adliger Mitglieder diverser Westlicher Wissenschaften. Ein berühmter Schwede beschrieb am 28. Juli 1906 in seinem Tagebuch die Ankunft im Kloster Lamayuru so: "Wie müssen sich die Mönche hier in ihrem freiwilligen Gefängnis langweilen! Offenbar ist es ihre einzige Zerstreuung, der Neugier durchreisender Fremdlinge ihren religiösen Fanatismus vorzuführen." Andere untertiteln ihre Fotos mit Gegensatzpaaren wie: "Ein Bauer in Lumpen, aber er lächelt". Dass einfache Leute alles am Leib tragen, was sie besitzen, kann ihnen nicht verübelt werden. Dass sie dabei an Werktagen die sogenannten "Lumpen" über die besseren Kleidungsstücke ziehen - an Feiertagen aber die Reihenfolge sorgsam ändern, zeugt von viel nachhaltigem Sachverstand. Und dass sie, obwohl sie sich angeblich so gut

Alphabet

Ich verschenke alle kyrillisch geschriebenen Bücher. Pünktlich zu Pfingsten. Und behalte ein anderes, von dem ich kein Wort, keinen Buchstaben entziffern kann. Haikus von Takeno Aoki. In Leinen gebunden, feines japanisches Papier, nicht schneeweiß, sondern ein mildes, warmes Weiß, wie von Tanizaki Jun'ichiro beschrieben. 247 Seiten von hinten nach vorne nummeriert. Das Buch wiegt schwer und unverständlich in der Hand. Trotzdem sortiere ich es aus, lege es zu dem Stapel der Unverzichtbaren. Es ist ein Geschenk der Autorin, überreicht vor fast zwanzig Jahren, zum Schutz vor fettigen Fingerabdrücken in Seidenpapier eingeschlagen, das ich nun endgültig entferne.

Blasen

Mit der neuen Woche beschließe ich, mehr zu gehen. Meiner Zukunft im Himalaya entgegen zu gehen. Meine Wanderschuhe wieder einzulaufen. Ich laufe als Erstes um die Mittagszeit los, laufe eineinhalb Stunden durch die Feldmark. Gerate immer wieder in Sackgassen. Sehe in der Ferne Güllewagen. Weiche einem Traktor aus, der ein monströses Teil hinter sich her zieht. Ende an Viehgattern oder Wasserläufen. An staunenden braunen Rinderaugen. Sehe keinen Menschen. Gehe den ganzen Weg wieder zurück, weil ich nicht den Mut habe, über Zäune zu klettern. Und laufe mir prompt Blasen an beiden Fersen ein.

Fragen

Ich hole die Lilienthaluhr beim Juvelier ab und frage, ob er mir meinen Ehering weiten kann. Ich kriege ihn nicht mehr über den rechten Ringfinger und über den linken nur mit größter Mühe. Ich trug ihn immer an der rechten Hand, solange ich ihn trug. Alles hat seine Zeit.  Fragen werde ich nur noch stellen, nicht mehr beantworten.

Keller

Ich verschenke die Gottfried Keller Gesamtausgabe, die meine Mutter zur bestandenen Lehrabschlussprüfung im November 1944 in Anerkennung "sehr guter Leistungen" erhalten hatte. Sowie zwei Bände Gedichte mit handschriftlichen Widmungen mir unbekannter Personen. Muss ich wohl einst antiquarisch erstanden haben.

Orange

Ich verschenke das Schuhsohlenbild von Margarita. Sie malte damals verschiedene Umschlagentwürfe für " Die Fölmlis ". Die Verlegerin entschied sich für eine ganz konkrete Sohle. Für eine ganz konkrete Sprache. Bildsprache. Die anderen wurden bei der Vernissage mit den Büchern verkauft. Mir gefiel die abstrakte, warme, orangefarbene Sohle und ich hatte sie all die Jahre gerne an meiner Wand hängen.

Flöten

Sebastian ist mit dem Posaunechor unterwegs von Riesa über Heide nach Hamburg zum Posaunentag. Er holt bei mir alle Trommeln, Becken, Flöten, Pfeifen, Glocken, Klingeln usw ab. Alle Chornoten. Mit meinen handschriftlichen Eintragungen, ja! Ich hatte keine Lust, mit dem Radiergummi durch die Töne zu ziehen und meine Spuren auszulöschen. Es sind seine Ansagen! Er war (und ist) mein (Lieblings-)Chorleiter! Er nimmt alles für seinen Sohn nach Zeithain mit. Passt alles in den Kofferraum. Die Menagerie. Die Vogeluhr. Das Zelt. Den Pandazugluftstopper.  Und wieder einmal ist mein Flur vorübergehend leer geräumt.

Flight Booking Confirmed

 Das Ticket ist da.

Knochen

Die Nachbarsbuben wollen immer mal wieder "zu Caruso". An sein Grab. Sie erinnern sich gern an den schwarzen Kater und sind immer etwas traurig. Heute haben sie schulfrei, sind am Vormittag den Meldorfer Brückenlauf mitgelaufen und stehen nun betreten vor dem Blumenbeet.  "Nimmst du die Knochen mit?", fragt der mittlere unvermittelt. Es werden mir in letzter Zeit viele Fragen gestellt. Selten so kluge!

Eulen

Ich verschenke die beiden Bücherstützeneulen an die Eulegisela. Sie sind schwer, schwerer als Bücher und die Eulegisela trägt die Marmoreulen nicht nach Athen, sondern zwei Häuser weiter die Straße hoch. Im Arm. Wie Zwillinge. 

Farben

Ich verschenke die Vogeluhr und suche alle Keramiktiere im Haus zusammen. Die meisten stammen sonderbarerweise aus Mexiko, aus dem Nationalmuseum. Sie sind sehr bunt. Ich verpacke alle bruchfest und wickle sie einzeln in Geschenkpapier ein. Die ganze Menagerie. Auch das Papier muss verwertet werden. Dann finde ich noch Stifte (Karisma Colour Pencils), Steine und Bücher. Von Canary Yellow, Scarlet Lake und Scartlet Red über True Blue, Burnt Umbre, Green Bice, Cool Grey bis hin zu Black. Wird alles eingepackt.

Bücher

W. kommt noch einmal. Wieder am Mittwoch. Die Mitte der Woche ist für alles gut. Der Kater lebt schon seit zwei Monaten nicht mehr und fehlt mir immer noch. Wir gehen sämtliche Bücher durch. Ich habe bereits alles von oben nach unten getragen. Wir machen zwei Stapel. Einen mit Büchern, die wir mitnehmen wollen. Den anderen mit Büchern, die wir einlagern wollen. Es ist erstaunlich wenig. Vielleicht nehmen wir doch alles mit von dem Wenigen. Tabula rasa. Und einen Stapel mit CD's.

Miele

Miele ist ein Fluss in Meldorf, es gibt die Südermiele und die Nordermiele. Und Miele ist eine sehr gut erzogene Rettungshündin! Ihre Herrin, die Rettungschirurgin, will Klavierspielen lernen. Ich schenke ihr das Keyboard, sie muss aber auch die Verpackung mitnehmen. Tut sie klaglos.

Yikes

Ich rufe Rhea in Berlin an. Wir haben vor Jahren zusammen Tai Chi gemacht. Auf meine Nepalnews reagiert sie mit einem Wort: "Yikes" und der Frage, ob sie mitkommen könne. Sie sei aber angewiesen auf einen Rollator. Ich kann mir Rhea mit Rollator nicht vorstellen. Sie sagt, das Leben gestalte sich selbst. Man müsse es nur annehmen. Rhea wird im August 90! Yikes is slang to express surprise. Alarm mixed with comic. Sie stellt die Frage, die alle stellen: Seid ihr wieder zusammen? Nein, wir sind nicht zusammen. Ich bin hier und er ist dort.  Es gibt auch zounds , sagt sie.  Rhea wurde auf Maui unter dem Haleakala (mein Vulkan! noch liegen auf meinem Fensterbrett Lavabrocken aus dem Krater) als Tochter eingewanderter philipinischer Plantagearbeiter geboren. Sie ist eine 100% Filipina, heiratete einen Berliner und ist seit zehn Jahren Witwe.

Waschmaschine

In schlaflosen Nächten suchen uns seltsamerweise dieselben Gedanken heim: was passiert, wenn ausgerechnet jetzt die Waschmaschine den Geist aufgibt? Meine hier, seine dort. Sie verrichten ihren Dienst tadellos. Seit Jahren. Und genau dieser Umstand vertreibt den Schlaf.

Handschlag

Per Handschlag ist das Haus verkauft. Den Vertrag machen wir Mitte Juni, wenn ich von der ersten Nepalreise wieder zurück in Dithmarschen bin.

Der Rat

Der Steuerberater rät mir, mich vollständig in Deutschland abzumelden und mein Bankonto zu schließen. Ich sei Schweizerin, erinnert er mich, und könne ein Konto in der Schweiz eröffnen. Ich bin Auslandschweizerin, erinnere ich ihn. Wir werden von den helvetischen Banken wie Verbrecher (potentielle Geldwäscher) behandelt.

Geschenk

W. wird heute 67 Jahre alt. Ich rate ihm, täglich 10 Minuten zu laufen. Wann, wenn nicht jetzt?

Caruso

Caruso stirbt in meinem Hausflur an seinen gebrochenen Rippen und den kaputten Lungen. Er hat den Ausweg selber gefunden. Ich begrabe ihn im Garten neben Rasputin.

Der Unfall

Der Kater muss heute seinen Unfall gehabt haben, während ich bei der Chorprobe war. Er muss sich heute Abend die Verletzungen zugezogen haben, die er nicht überleben wird. Äußerlich wirkt er unversehrt, frisst aber sein Futter nicht auf. Ich denke mir nichts dabei.

Fotos

Es hat ein bisschen gedauert. Aber nun ist es soweit. W. ist mit dem Zug gekommen und wir sortieren alle alten Papierfotos aus. Viele sind so verblichen, dass kaum noch etwas zu erkennen ist. So alt sind wir geworden. 90% zerreissen wir. Die Schnipsel übergebe ich sofort der Restmülltonne. Der Kater liegt uns zu Füßen. Als seine Zukunft zur Sprache kommt, bitte ich W. um Zurückhaltung.  "Meinst Du, er versteht uns?"  "Ja, er versteht alles!" Er beobachtet mich seit Wochen.

Das Haus

Neues Jahr. Bei uns. In Nepal ist alles anders. Auch die Zeitrechnung. Am ersten Arbeitstag nach Drei König gebe ich den Verkauf des Hauses in Auftrag. Es muss ein Gutachten erstellt werden. Ich suche tausenderlei Unterlagen zusammen und bin den ganzen Tag gut beschäftigt.